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Predigt von Pfarrer Daigeler zum 15. Sonntag im Jahreskreis B

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, was wird von einem Priester heute erwartet? Er soll die Jugend ansprechen und die Senioren im Blick haben. Die Verwaltung soll er organisieren, Personal führen, predigen soll er können. Theologisch gebildet und volksnah sein… Ich könnte einiges hinzufügen – und Sie vermutlich auch.

Erstaunlicherweise hören wir im Evangelium kein einziges dieser Kriterien. Jesus beruft die zwölf Apostel, ohne, dass dafür irgendein Grund oder eine besondere Eignung genannt würde. Es heißt nirgends, dass die Apostel besonders begabte Redner gewesen seien. Die meisten von ihnen hatten als Fischer aus Galiläa vermutlich auch wenig Bildung. Ahnung von Arbeitsorganisation hatten sie wohl schon eher. Aber Gebäudeverwaltung, Gesprächsführung oder die Verwaltung von pastoralen Seelsorgeeinheiten war wohl nicht ihres.

Jesus sucht sie aus. Er sendet sie. Das ist die Grundlage. Das ist der Ausweis für ihre Sendung, dass der Herr sie ruft und sie auf seinen Ruf antworten. Und Jesus legt noch eins drauf. Damit sie nicht in Versuchung kommen, vielleicht doch mit irgendwelchen anderen Mitteln die Menschen zu beeindrucken. Sagt Jesus: Nehmt nichts mit! Keinen Proviant, keine bessere Kleidung… Ihr sollt den Menschen das Evangelium bringen und sie nicht blenden mit äußerer Show oder ähnlichem. Das können wir ebenso verstehen, wie die Begebenheiten, in denen Jesus Geheilten verbietet, über das geschehene Wunder zu sprechen. Die Menschen sollen nicht aufgrund einer Show, blendendem Aufwand oder schönen Worten glauben. Sie sollen glauben, weil Christus in Wahrheit der Sohn Gottes ist, weil sie die befreiende Kraft des Evangeliums erfahren haben, weil sie ergriffen wurden von der Freude des Glaubens.

Das ist nicht immer leicht. In der Ersten Lesung hörten wir vom Propheten Amos. Er lebte etwa 800 vor Christus. Amos kritisiert zu deutlich Missstände im Reich und macht sich damit wenig Freunde. Man will ihn zum Schweigen bringen: Du bist doch gar nicht von hier, du bist kein Angestellter am Reichstempel… Wer hat dir erlaubt überhaupt zu reden?

Aber Amos hat sich diesen Auftrag genau so wenig wie die Fischer von Galiläa ausgesucht. Er wurde von Gott ausgesucht. Er, ein einfacher Viehzüchter und Obstbauer, wurde weggerufen von seinem vertrauten Leben. Gott gab ihm den Auftrag, sein Wort zu verkünden – gelegen oder ungelegen.

Ich habe eingangs von den Erwartungen an den Priester gesprochen. Viele sind gewiss berechtigt. Manches ist auch eine Überforderung. Aber für jeden Priester gilt, was wir heute aus den biblischen Lesungen gehört haben: Ganz aus Gnade beruft Christus zum Priesteramt. Der Priester muss den Glauben und das Evangelium in Treue verkünden. Er darf nicht eigene Meinungen und Vorlieben voranstellen. Nur Gottes Wort soll er verkünden. Und das gilt für die ganze Kirche.

Wenn wir vertrauen, dass Gott größeres wirken kann als menschliche Worte und Pläne, dann wird das Reich Gottes unter uns sichtbar, dann finden sich auch heute immer neue Jünger. Wenn wir das Evangelium in seiner Gänze und Schönheit verkünden, dann breitet sich die Freude am Glauben und Zuversicht aus. Amen.

14.07.2024, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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