logo pg liborius wagner Stadtlauringen

Predigt von Pfarrer Daigeler in der Heiligen Nacht

Download Audiodatei der Predigt

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, Weihnachten ist für mich das Fest des neuen Anfangs. Was könnte das deutlicher zeigen als die Geburt eines Kindes. „Denn ein Kind wurde uns geboren, ein Sohn wurde uns geschenkt“, ruft der Prophet Jesaja voll Freude aus, wie wir es in der Ersten Lesung der Heiligen Nacht hörten.

Übersetzen wir das für einen Augenblick in unseren Alltag. Was für eine Freude war das für die Frauen unter uns, die selbst Mütter sind, als sie ihr Neugeborenes zum ersten Mal auf dem Arm hielten… Was für eine Freude war und ist das aber auch für die Väter, für die ganze Familie, für Freunde und Bekannte zu hören: Ein Kind ist zur Welt gekommen…

Die Zartheit und Unschuld eines neugeborenen Kindes rührt uns an. Wir sehen in diesem Kind immer auch Zukunft, weil wir im Kind den Weg in ein ganzes Leben, das vor ihm liegt, sehen. Eben darum rührt uns in dieser Heiligen Nacht auch die Geburt Jesu an. Das Christuskind zeigt uns, dass Gott immer einen neuen Anfang schaffen kann und will.

Wer meint, dass das naive Träumerei wäre, der muss sich die Umstände anschauen. Jesaja spricht zu einem verschleppten Volk Israel, ein „Volk, das im Dunkeln liegt“. Und der Evangelist Lukas berichtet uns von Gleichgültigkeit, die Maria und Josef in Betlehem begegnete, die Türen blieben verschlossen. Draußen vor der Stadt, bei Außenseitern und Armen, in einem Stall kommt das Christuskind zur Welt. Nicht in eine gewünschte oder erträumte Welt, nein, in die Welt, wie sie nun einmal ist, wird das göttliche Kind geboren. So wie auch heute Kinder geboren werden in eine Welt, die nie besser war und die immer eine zerbrechliche Welt bleiben wird, in der es Sorgen und Ängste, Krieg und Krankheit gibt. Doch in eben diese Welt wollte Gottes Sohn kommen, weil er in die reale Welt kommen wollte und will. Er will in mein Leben kommen als der Heiland, der Licht und Hoffnung bringt.

Das neu geborene Christuskind bringt Freude und Hoffnung zu all denen, die es willkommen heißen. Was waren das wohl für Menschen diese Hirten? Wir wissen es nicht. Der Evangelist Lukas erwähnt sie aber ausdrücklich, weil sie arm sind, weil sie draußen vor den Toren der Stadt leben, keine bedeutenden Menschen, keine Influencer oder Mächtige. Doch sie glauben den Engeln und trauen dem Zeichen, das diese nennen: „Ihr werdet ein Kind finden, das in Windeln gewickelt in einer Krippe liegt“. So werden die Hirten reich beschenkt mit der Freude, dass Gott mit uns ist, dass er uns nahe ist – in jeder Stunde, mag sie traurig oder froh sein.

Die Hirten sind die Ersten, die der Ruf Jesu trifft, ohne dass dieses Jesuskind noch sprechen kann. „Fangt neu an“, sagt Jesus. „Kehrt um und glaubt.“ Christsein heißt auch, immer wieder neu anfangen zu dürfen. Gott schreibt keinen ab. Mit seiner Hilfe dürfen wir immer neu beginnen. Diese Freude, diese Zuversicht feiern wir in der Heiligen Nacht. Nicht dass unsere Welt perfekt oder heil wäre, nicht dass mein Leben perfekt oder heil wäre, nein, an der Krippe brauchen wir uns nicht zu verstellen und keine Illusionen zu machen. Hier ist der Heiland. Durch seine Geburt schenkt er uns Zuversicht, damit wir ihm glauben, dass er da ist. Er will uns Mut schenken, dass wir unser Leben ganz auf ihn bauen, dass wir mit seiner Hilfe immer neu beginnen. „Fürchtet euch nicht!“ Amen.

24.12.2022, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

­