Predigt von Pfarrer Daigeler zum Fest der Taufe des Herrn A
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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, liebe Kommunionkinder, liebe Firmlinge, „lass es nur zu!“, sagt Jesus am Jordan zu Johannes, als der zurückschreckt, ihn zu taufen. Eigentlich müsste doch alles anders, ja umgekehrt laufen, meint Johannes. „Ich müsste von dir getauft werden“, sagte er, als Jesus zu ihm an den Jordan kommt.
Die Größe dieses Geschehens ist auf den ersten Blick kaum zu sehen. Jesus wird getauft. Wir haben schon öfter von der Taufe gehört, so ist uns das Besondere, das Einmalige, das Außergewöhnliche der Taufe oft nicht bewusst. Ich denke kaum einer von uns erinnert sich an seine eigene Taufe. Wir waren Säuglinge oder kleine Kinder. So erscheint es uns wie ein Ritual, mit dem man eben die Geburt eines Kindes feiert. Eltern freuen sich, sie staunen über das Wunder der Geburt, sie wollen ihren Dank ausdrücken, so lassen sie ihr Kind taufen…
Nichts davon ist schlecht oder falsch, im Gegenteil. Hier kann ja der Glaube ansetzen, doch überschreitet die Taufe jedes „Willkommensritual“. Doch was ist die Taufe?
Das können wir gut an der Taufe Jesu ablesen. „Lass es nur zu!“ Damit beginnt es, denn die Taufe ist eine Lebensübergabe. Wir überlassen uns ganz dem, von dem wir alles erhoffen: Gott, unserem Schöpfer und Erlöser. Die alte Form der Taufe, wie sie die Christen des Ostens bis heute praktizieren, wollte das Ausdrücken, indem der Täufling ganz untergetaucht wurde ins Wasser und dann emporgezogen wurde. Sicher ist das ein Bild für den Tod und die Auferstehung Christi, gewiss ein Bild dafür, dass in der Taufe die Zusage Gottes liegt, dass er uns selbst im Tod nicht untergehen lässt, doch es ist eben auch ein Bild dafür, dass wir aus eigener Kraft untergehen in den Wogen des Lebens, dass wir Schiffbruch erleiden, wenn wir nur auf eigene Kraft bauen. Wir brauchen immer die Hand, die uns herauszieht, das kann kein Mensch allein. Keiner rettet sich selbst, keiner rettet sich allein. Darum hat Gott uns in Jesus seine rettende Hand entgegengestreckt. Dieses Erlösungsgeschehen wendet die Taufe dem Täufling ganz persönlich und konkret zu.
In der weihnachtlichen Zeit feiern wir, dass es eine menschliche Hand ist, die Gott uns entgegenstreckt. Jesus hat unser Leben geteilt – auch mit den Herausforderungen, Versuchungen und Leiden. Er ist uns vorausgegangen, damit wir ihm nachgehen. Denn das ist Christsein: Folgen seiner Spuren, in Jesus den Weg erkennen, der zum Vater führt.
Diese Demut, Gottes Macht in meinem Leben zuzulassen, ist vielleicht das Schwerste an der Taufe, an der Lebensübergabe, die sie bedeutet. Und doch ist sie das eigentlich Befreiende. „Nur wenn der Sohn euch frei macht, seid ihr wirklich frei“, heißt es in der Schrift. Und das sagt auch die Stimme vom Himmel bei der Taufe im Jordan. „Dieser ist mein geliebter Sohn“.
Bei der Taufe Jesu wird offenbar, wer Jesus ist: der Sohn, der Sohn Gottes. Darum ist es ein weihnachtliches Fest, bei dem Menschen erkennen, dass der Sohn Gottes in die Welt gekommen ist. Doch diese Stimme, diese Zusage gilt auch jedem Getauften. Uns sagt der Vater bei unserer Taufe: Du bist mein geliebter Sohn, meine geliebte Tochter. So werden wir Miterben Christi. Denn die Taufe stiftet eine Lebensgemeinschaft mit Gott, die über diese Welt hinausgeht, die Anteil am ewigen Leben schenkt.
Was für ein Geschenk ist die Taufe! Wie dankbar dürfen wir jeden Tag für das Geschenk der Taufe sein. Immer wieder dürfen wir uns daran erinnern, wenn wir uns mit dem Weihwasser bekreuzigen an der Kirchentüre oder daheim. Und jeden Tag ist die Taufe ein Auftrag, als Kinder Gottes zu leben, die Gnade zu bewahren, die uns in der Taufe geschenkt ist, das Licht des Glaubens und der Liebe leuchten zu lassen, damit wir Gottes Kinder heißen und es in Wahrheit sind. Amen.
08.01.2023, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler