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Predigt von Pfarrer Daigeler zum 1. Adventssonntag A

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Liebe Brüder und Schwestern im Herrn, heute am ersten Adventssonntag haben Sie vielleicht andere Texte aus der Heiligen Schrift erwartet. Warum geht es nicht um Maria und Josef auf dem Weg nach Betlehem oder um den Engel Gabriel, der Maria ankündigt, dass sie die Mutter Gottes werden soll? Zugegeben auch für mich als Prediger wäre das einfacher. Das provozierende Evangelium passt nicht so ganz zu unserer gewohnten Vorstellungen von Advent.

Und dennoch ist es ein adventliches Wort Jesu, denn es geht um das, was „Advent“ auf Deutsch meint, nämlich „Ankunft“. Die Adventszeit im kirchlichen Sinn lädt uns ein in einem dreifachen Sinn über die Ankunft Jesu nachzudenken.

Naheliegend ist, dass wir bei Advent an das historische Ereignis der Ankunft Jesu denken: Maria war mit Jesus schwanger, sie hat mit Josef um einen gemeinsamen Weg gerungen, sie hat diesen Weg tatsächlich im Vertrauen auf Gott gefunden und schließlich gingen beiden nach Betlehem, wo Jesus zur Welt kam. Die Erinnerung daran ist überaus kostbar. In der Liturgie wird es erst später in den vier Adventswochen Thema werden, erst kurz vor dem Weihnachtsfest.

Heute steht wie bereits in den letzten beiden Wochen vor dem Advent die endgültige Ankunft Jesu im Mittelpunkt. Jesus beschäftigt sich in verschiedenen Predigten mit der Frage nach der Endlichkeit aller Dinge. „Himmel und Erde werden vergehen…“ Das ist keine moderne Erkenntnis, auch die Menschen zur Zeit Jesu wussten darum – sie wussten auch um ihre eigene Endlichkeit. Heute scheint das in neuer Weise Thema zu sein. Unterschiedliche Gruppen setzten sich in verschiedenen Szenarien auseinander, wie wir Menschen durch die Ausbeutung der Schöpfung oder durch kriegerische Auseinandersetzungen die Welt möglicherweise selbst zerstören. Nicht wenige reagieren panisch oder hysterisch darauf, andere bleiben gleichgültig, auch um damit von der eigenen Verantwortung abzulenken. Jesus spricht weder von Panik, noch von Lauheit. Er spricht vielmehr von der Wachsamkeit.

Wachsamkeit ist eine durch und durch adventliche Haltung, denn sie sagt zum einen: Ja, ich habe einen Auftrag, aufmerksam zu sein, dass mein Leben gelingt und auch das Leben anderer. Ich habe einen Auftrag, dass wir nicht rücksichtlos allein verbrauchen, was für alle gegeben ist… Aber Wachsamkeit sagt zum anderen auch: Es liegt nicht allein an mir. Ich kann es nicht allein schaffen und das muss ich auch nicht. Denn am Ende steht nicht das Chaos oder der Untergang, am Ende steht Christus, der wiederkommt. Darum „werft eure Zuversicht nicht weg“ (Hebr 10,35), heißt es in der Schrift. Diese Bedeutung des Advents birgt großen Trost für uns selbst sowie einen Auftrag für uns als Christen, dass wir nämlich Zeugen dieser Zuversicht sein sollen: Am Ende steht nicht der Untergang, sondern die große Völkerwallfahrt zum Berg des Herrn, von der Jesaja in der Ersten Lesung sprach.

Schließlich hat der Advent auch eine dritte Bedeutung. Es geht natürlich auch um den persönlichen Advent, nur nicht damals in Nazareth und Betlehem, nicht erst am Ende der Zeiten, sondern ebenso hier und hier gilt: Jesus will in mein Leben kommen. Er will bei mir ankommen. Die Herbergssuche Jesu ist nicht zu Ende. In diesen Tagen klopft er an alle Türen, und ich bin eingeladen, ihm zu öffnen, damit er bei mir ankommen kann. All das meint Advent. Bleiben wir wachsam, denn der Herr kommt! Amen.

27.11.2022, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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