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Predigt von Pfarrer Daigeler zum Fest Allerheiligen

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, das Fest Allerheiligen weitet unseren Blick, denn es macht eine weite Perspektive auf: Nicht die Leiden oder die Traurigkeit, nicht das, was bedrängt oder verunsichert, ja nicht einmal der Tod hat das letzte Wort, sondern Christus, der Auferstandene, hat das letzte Wort und sein Wort heißt: Leben!

Das letzte Buch des Neuen Testaments, die Offenbarung des Johannes, ist ein Trostbuch. Es wendet sich an die junge Kirche, die bereits im ersten Jahrhundert verfolgt wird. Eine große Zahl von Menschen wird dem Seher Johannes gezeigt: Männer und Frauen, Alte und Junge. Sie tragen weiße Gewänder; sie halten das antike Siegeszeichen, die Palme, in der Hand. Bei weiterem Nachdenken stellt jedoch das Bild, das hier gezeichnet wird, geradezu die Wirklichkeit auf den Kopf. Denn diese große Schar der Heiligen des Himmels sahen in der Welt keineswegs als Sieger aus. Es sind jene, „die aus der großen Bedrängnis kommen“.

Es sind Menschen, die geduldig Krankheit und Schmerzen getragen haben und dennoch Hoffnung und Zuversicht ausgestrahlt haben wie eine heilige Anna Schäffer. Es sind mutige Bekenner wie der selige Rupert Mayer, der heute vor 75 Jahren starb. Die nationalsozialistischen Machthaber waren so laut und so brutal, dass ihre Gegner in dieser Welt nicht wie Sieger aussahen. Es sind Glaubenszeugen wie der heilige Kilian, die Heimat und Sicherheit hinter sich ließen, um uns die Freude des Glaubens zu bringen.

In der Sicht der Welt sind sie Außenseiter oder Verlierer, in der Geschichte, die Gott unaufhaltsam schreibt, sind sie die wahren Sieger. „Freut euch und jubelt, euer Lohn im Himmel wird groß sein“, sagt der Herr im Evangelium. Ja, bei ihm finden die Traurigen Trost, die Barmherzigkeit erfahren selbst Erbarmen, die Friedfertigen erben das Land. Diese große Zusage unseres Glaubens feiert das heutige Fest. Nicht nur als Satz oder Aussage, sondern festgemacht an konkreten Lebensgeschichten, an den unzähligen Heiligen Gottes – seien die Bekannten von der Kirche heilig gesprochenen, seien es die unzähligen, stillen Heiligen, die im Verborgenen gewirkt haben, die Gott allein kennt. Doch er kennt sie. Er sieht sie.

Und der Herr sieht auch unser Bemühen, unser Bemühen, dass auch wir Heilige werden. Denn Heilige sind Freunde Gottes, es sind Menschen, die die Freundschaft mit Jesus leben, die täglich im Gebet für Jesus Zeit haben, denn Freunde haben Zeit für einander. Sie sind Freunde Gottes, indem sie in ihrem Leben Jesu Leben nachzuahmen suchen, denn Freunden ist der andere und sein Wort wichtig. Jesus ist das Vorbild aller Heiligkeit. Und jeder, der „Hoffnung auf ihn setzt, heiligt sich, wie er heilig ist“. So hörten wir es in der Zweiten Lesung. Dort ist die Rede davon, dass wir Christus einmal im Himmel „ähnlich sein werden“. Ja, das ist unsere Hoffnung. Doch der Weg dorthin ist es, auf Erden Jesus ähnlich zu werden – in unserer Treue zu ihm und seinen Weisungen, in unserem Bemühen, an seiner Liebe und Barmherzigkeit Maß zu nehmen. Denn er allein ist der Weg, der Weg zum Leben in Fülle, das wir von ihm erhoffen. Auf diesem Weg möge uns die Schar der Heiligen durch ihr Vorbild ermutigen und durch ihre Fürbitte stärken. Amen.

1. Nov. 2020, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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