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Predigt von Pfarrer Daigeler zum 5. Fastensonntag A

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, liebe Kommunionkinder, liebe Firmlinge, was wir gerade aus der Heiligen Schrift gehört haben, fordert uns heraus. Denn heute, zwei Wochen vor Karfreitag und Ostern, hören wir von Lazarus. Er und seine beiden Schwestern Maria und Martha waren enge Freunde Jesu. Jesus war oft bei ihnen zu Gast, er kannte sie gut und schätzte sie. Umso mehr verwundert es uns, dass Jesus nicht umgehend aufbricht, als er hört, dass sein Freund Lazarus schwer krank ist.

Doch das Handeln Jesu ist bewusst. Es geht nicht darum, dass er Wichtigeres oder Dringenderes zu tun hätte. Auch will er sich nicht darum drücken, weil es ihm vielleicht unangenehm wäre, einen Kranken zu besuchen. Immer wieder kommt Jesus mit Kranken zusammen. Er schenkt ihnen Aufmerksamkeit, er berührt sie. Doch hier soll „die Herrlichkeit Gottes offenbar werden“, wie er sagt.

Doch was meint das? Es gibt Menschen, die waren und sind von Jesus beeindruckt, weil er Wunder tut, weil er Blinde sehend macht, wie wir letzten Sonntag hörten, weil er Kranke gesund macht. Nun gibt es aber auch die konkrete Erfahrung, dass nicht alle Kranken gesund werden, dass nicht alle Bitten erhört werden. Und dieser Frage dürfen wir nicht einfach ausweichen. Anders gesagt, Jesus stellt sich eben diesen Fragen im heutigen Evangelium, wie es Martha ausspricht: „Herr, wärst du hier gewesen, dann wäre mein Bruder nicht gestorben.“

Doch welche Antwort gibt Jesus? Er erweckt Lazarus von den Toten, würden wir wohl spontan antworten. Und das ist ja auch richtig. So haben wir es ja gerade im Evangelium gehört. Aber wenn wir so antworten, müssen wir doch weiter fragen, was denn das heißt. Und um das zu beantworten, müssen wir uns der schwierigen Frage stellen, was das heißt, zu sterben.

Sagen wir es ehrlich: Niemand kann das ganz ermessen, was es wirklich heißt, dieses Leben mit all dem, was mir lieb und teuer ist, loslassen zu müssen... Wir können nur ahnen, wie schwer das ist. Vermutlich tut sich unsere Zeit darum auch so schwer vom Sterben und vom Tod zu sprechen. Das, was wir dabei am schwierigsten in Worte fassen können, ist die Ur-Angst, die im Tod radikal wird: die Angst vor der Einsamkeit, die Angst vor dem Verlassensein.

Joseph Ratzinger hat das in einer Meditation zum Karsamstag einmal mit einem Vergleich ausgedrückt: Ein Kind einsam im Wald wird sich fürchten, auch wenn man im hundertmal bewiesen hätte, dass da nichts sei. Das Einzige, dass dieses Kind wirklich trösten kann, ist die vertraute Stimme eines lieben Menschen, ist die Hand, die ihm gereicht wird.

Und eben dies verdeutlicht sich Jesus an seinem Freund Lazarus. Lazarus wird nicht verschont oder bevorzugt als enger Freund des Herrn. Er muss durch dieselben Herausforderungen gehen, durch die wir alle zu gehen haben. Selbst die Ohnmacht gegenüber dem Sterben bleibt ihm nicht erspart. Er muss in die Einsamkeit des Todes gehen. Doch diese Einsamkeit durchdringt die Stimme des Herrn, die die vertraute Stimme des Freundes ist: „Lazarus, komm heraus!“ Allein diese Stimme vermag uns zu trösten.

Das hat Jesus Lazarus gezeigt. Das will er uns zusagen. Und mehr noch Jesus selbst ist uns vorausgegangen. Er ist in die Einsamkeit des Todes gegangen, die durch ihn nicht mehr einsam ist. „Ich bin die Auferstehung und das Leben“, sagt Jesus. Wer ihm glaubt, darf hoffen, darf wissen: Seine Stimme wird uns rufen, wird uns trösten. An uns ist es, ein Leben lang mit seiner Stimme vertraut zu bleiben, damit wir sie erkennen, wenn unsere Stunde kommt, damit wir ihm folgen. Amen.

26.03.2023, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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