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Predigt von Pfarrer Daigeler zum Pfingstmontag B

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, häufig ist in den Medien zu hören, unsere Gesellschaft sei gespalten – in Vorwärtsdrängende und Beharrliche, in Umweltschützer und Nationalisten, in Diverse und Konservative… Und es gebe sicher weit mehr Kategorien und Begriffe, die ich gar nicht alle kenne oder überblicke.

Sicherlich wird man je nach Standpunkt die Dringlichkeit des Problems unterschiedlich einschätzen. Aber ich würde doch behaupten, dass es immer im Menschen die Neigung gibt, sich mit denen zusammenzutun, die meiner Meinung sind. Das ist logisch und bis zu einem gewissen Grad auch sinnvoll. Ohne dass ich dafür Fachmann bin, hat es den Eindruck, dass die Algorithmen des Internets diese Suche nach Bestätigung der eigenen Sicht oft noch verstärken.

Ganz neu sind diese Phänomene freilich nicht. Die Lesung aus der Apostelgeschichte erzählt uns davon, dass die junge Christengemeinde von Jerusalem durch eine Verfolgung getrennt und zerstreut wurde. Für diese „Zerstreuung“ ist uns das griechische Wort „Diaspora“ im kirchlichen Kontext geblieben. Es gibt in dieser Welt keine Garantien, dass alles so bleibt, wie es ist. Im Gegenteil, der Wandel scheint eher ein Erkennungszeichen dieser Welt zu sein. Und so ist auch das, was Menschen oft mühsam aufbauen, stets bedroht. Das gilt auch für Gruppen und Gemeinschaften. Das gilt auch für das kirchliche Leben. Es ist nicht einfach da. Immer braucht es Menschen, die mitwirken, die Gemeinschaft stiften, die einladen und werben, die diejenigen stärken, die herauszufallen drohen.

Unsere Zeit ist oft schnell bei Urteilen und Einordnungen. Hier sind die Guten, dort sind die Bösen. Und mit diesen oder jenen spricht man nicht… Ich würde behaupten, dass wir als Christen gerade an Pfingsten der Gesellschaft ein kostbares Angebot zu machen haben. Wir kennen den Heiligen Geist. Er ist eine Kraft, die ein unsichtbares Band der Einheit zu knüpfen vermag.

In der wunderbaren Pfingst-Sequenz beten wir zum Heiligen Geist: „Wärme du, was kalt und hart, / löse, was in sich erstarrt, / lenke, was den Weg verfehlt.“ Dieses Gebet ist mehr als 800 Jahre alt und dennoch bleibend aktuell. Gottes Geist bricht die Gefangenheit des Menschen in sich selbst auf. Er öffnet für den anderen. Er lehrt uns Wohlwollen und Vertrauen, ohne die überhaupt kein Verstehen möglich ist. Er lenkt uns, wo wir Irrwegen oder Ideologien folgen. Denn immer erinnert er uns an Jesus Christus, dessen Weg unser Maßstab ist. Jesus selbst sagt „erfüllt vom Heiligen Geist“ im Evangelium, dass dieser Weg für alle Menschen offen und möglich ist. Die Kleinen und „Unmündigen“ haben es zuerst verstanden.

Unsere Welt ist voll von Menschen, die meinen Bescheid zu wissen, die glauben, alles bereits zu durchschauen. Jesus aber verweist immer wieder auf die Kinder und ihre Fähigkeit und Bereitschaft, etwas dazu zu lernen.

Wir brauchen Gottes Geist, der uns Jesus und seine Botschaft immer tiefer verstehen lässt, der uns einführt in alle Wahrheit, die Christus selbst ist. Wir brauchen den Heiligen Geist, der löst, was erstarrt ist, und lenkt, was in die Irre geht. Wir brauchen den Heiligen Geist, der uns verbindet zur Gemeinschaft der Familie Gottes, in der es Unterschiedlichkeit von Sprache, Kultur und Formen gibt, in der es aber immer Einheit gibt durch das eine Fundament, das unverrückbar Christus selbst gelegt hat, das er selbst ist. Auf diesem Weg wollen wir uns froh und zuversichtlich leiten lassen von Christi Geist. Amen.

20.05.2024, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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