Predigt von Pfarrer Daigeler zum Hochfest Christi Himmelfahrt C
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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, auf dem Gipfel des Ölbergs in Jerusalem befindet sich eine Gedächtnisstätte der Himmelfahrt Jesu. Durch die Wirren der Jahrhunderte ist es heute eine Moschee. In diesem kleinen Oktogon ist eine Steinplatte mit Fußabdrücken zu finden. Sie werden traditionell als die Fußabdrücke Jesu am Ort seiner Himmelfahrt gedeutet.
Nun kann man das einfach als Hinweis auf das Evangelium sehen, wie wir es eben gehört haben. Manche sehen so etwas vielleicht auch ein wenig skeptisch und denken sich: Die Pilger früherer Jahrhunderte waren doch „naiver“ als wir und waren mit solchen Fußspuren zu beeindrucken… Nun, ich sehe es anders. Bei genauem Nachdenken sind die Fußspuren ja gar kein Hinweis auf die Himmelfahrt, sondern im Gegenteil, sie sind ein Symbol dafür, dass der Gottessohn mit beiden Beinen auf dieser, unserer Erde gestanden hat.
Was hat das aber mit dem Fest Christi Himmelfahrt zu tun? Immerhin erzählt uns der heilige Lukas davon sowohl am Ende seines Evangeliums, wie auch am Anfang der Apostelgeschichte, die er uns überliefert hat. Der Evangelist erzählt, dass die Jünger sich noch einmal um den Auferstandenen versammelt haben. Mit seinem Segen habe sie Jesus als seine „Zeugen“ ausgesandt, bevor er ihren Blicken entschwand.
Geht es heute also um den Himmel oder um die Erde? Sowohl als auch! Und das ist sogar das Entscheidende dieses Festtags. Dass Jesus zum Vater geht, feiern wir seit Ostern. Mit seiner Auferstehung von den Toten ist Jesus nicht in das alte Leben zurückgekehrt. Ganz verstanden haben es die Jünger noch nicht. Sie wollen, dass er ein „Reich für Israel“ herstellt. Sie möchten im Hier und Jetzt ein sorgloses Leben, in dem Jesus alles für sie regelt. Sie erkennen noch nicht ganz die „Hoffnung, zu der sie berufen sind“, wie es Paulus in der Zweiten Lesung ausdrückte – die Hoffnung, dass wir nicht ins Leere oder ins Ungewisse laufen, sondern dass wir auf den Herrn zugehen, der uns entgegenkommt.
Wir sind als Christen Menschen der Hoffnung, weil wir eine Perspektive haben, weil wir einen weiteren Blick haben, weil wir nicht alles, vom Hier und Heute erwarten… Und gleichzeitig sind die Fußabdrücke Jesu wichtig. Der Sohn Gottes ist wahrhaft Mensch geworden. Er hat als Mensch unter Menschen gelebt. Er hat mit seinen Händen gearbeitet. Er hat an seinem Leib Schmerzen getragen und ist unseren Tod gestorben. All das hat er mitgenommen ins Herz des Vaters. Jesu Menschsein ist kein vergangenes Ereignis. Sein Menschsein und damit auch unser Menschsein hat bereits einen Platz im Himmel. Das feiern wir heute.
Das gibt unseren menschlichen Bemühungen und Arbeiten eine andere Bedeutung. Als Christen schauen wir nicht verklärt auf diese Welt. Wir sind vom Herrn mitten ins Leben gestellt mit den täglichen Herausforderungen und Aufgaben. Zugespitzt gesagt: Es ist nicht wichtiger fromme Predigten zu halten, als die Kirche zu putzen. Es ist ebenso wichtig, meine Aufgaben in der Familie, im Haushalt, im Beruf zu erfüllen wie hier im Gottesdienst mitzufeiern. Beides gehört zusammen, das ist der Inhalt von Christi Himmelfahrt. „Ihr Männer von Galiläa was schaut ihr zum Himmel…?“, fragen die Engel die Jünger. Hier, vor uns liegt unsere tägliche Aufgabe. Die Hoffnung, die uns Glaube und Gebet schenken, sollen uns helfen, eben diese Aufgaben zu erfüllen.
Im Täglichen geschieht das Entscheidende, in meiner täglichen Treue, im Tragen des Kreuzes, in der Erfüllung meiner Aufgaben. Damit uns das gelingt, segnet uns der auferstandene Herr, er schenkt uns den weiten Blick, die Perspektive des Himmels. Und er ruft uns zu: „Seid meine Zeugen“ – und zwar wo ich mit beiden Beinen auf der Erde stehe, dort, wo jeder von uns hingestellt ist. Amen.
29.05.2025, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler