Predigt von Pfarrer Daigeler zum 2. Fastensonntag B
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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, warum ist das so? Diese Frage stellen nicht nur Kinder, um die Welt zu ergründen. Auch wir, Erwachsenen, fragen uns angesichts mancher schlimmen Ereignisse in der großen und kleinen Welt: Warum ist das so? Muss das so sein?
Es kursieren viele „einfache“ Antworten in der Politik, in den Medien, teils auch unter uns. Jedoch die Lesung, die wir an diesem Zweiten Fastensonntag aus dem Alten Testament gehört haben, lässt uns zurückschrecken. Jeder gesund empfindende Mensch muss erschrecken, wenn hier der Auftrag ergeht, Abraham solle seinen eigenen Sohn Isaak töten. Vorsicht mit einfachen Erklärungen! Sagen wir es ehrlich, ganz erklären, kann man diese Bibelstelle nicht. Sie ist aber dennoch wichtig. Und es ist insgesamt wichtig, dass wir uns auch mit den Worten der Heiligen Schrift beschäftigen, die herausfordern, die unbequem oder vielleicht sogar unverständlich sind, und nicht nur auf die sanften und gefälligen Worte schauen.
Für mich wird gerade hier die Lebensnähe der Heiligen Schrift überdeutlich. Denn wir haben nicht einfach für alles eine Erklärung parat. So sind es beispielsweise nicht nur die Menschen, die Böses tun, die leiden müssen. Oft ist es sogar umgekehrt, dass Unschuldige leiden müssen in Kriegen und Konflikten oder auch durch Krankheit, Streit und Trennung. Wir alle, denke ich, könnten genug Beispiele nennen.
Es gibt Erklärungsversuche, die wertvoll sind. Etwa, dass Gott dem Abraham zeigen will, dass die volle Zukunft nicht in menschlichen Plänen, nicht einmal in leiblichen Nachkommen zu finden ist, sondern allein in Gottes ewigem Leben. Andere sagen, dass die Erzählung Menschenopfer ächten will, indem die Gerechtigkeit und der Glaube an die Stelle des blutigen Opfers treten… All das ist bedenkenswert, ebenso wie die grundsätzliche Aussage, dass letztlich kein Leiden sinnlos ist, dass nichts, was wir mit Geduld tragen, vergebens ist. Und wir müssen mit dem heiligen Paulus hinzufügen, dass Gott ja nicht das Opfer Isaaks verlangt hat, sondern: „Er hat seinen eigenen Sohn nicht verschont.“ So hörten wir aus dem Römerbrief.
All das ist wichtig und richtig. Dennoch wird es nicht immer Menschen, die ein schweres Kreuz zu tragen haben, befriedigen – den, der heute eine schwere oder gar unheilbare Krankheit hat, den, der heute in einem Kriegsgebiet leben muss, den, der heute von seinem Partner verlassen worden ist.
Was sollen wir also antworten? Ich würde zunächst sagen, dass wir behutsam vorgehen sollten. Es gibt die Gefahr, bei unserer Suche nach Antworten überhaupt nicht mehr nach Gott zu fragen. Und ebenso gibt es die Gefahr, leichtfertig von Gott als Ursache zu sprechen.
Wenn ich das Evangelium recht verstehe, dürfen die Apostel auf dem Berg nur einen kurzen Augenblick die Welt in einem anderen Licht sehen. Nur kurz dürfen sie weiter blicken, mehr verstehen. Doch irgendwie überfordert es sie auch, wie wir an Petrus merken, der gut gemeint drei Hütten bauen will. Letztlich müssen sie vom Berg hinabsteigen und ihren Weg in Treue weitergehen.
Und das wäre immer mein erster Rat: Den Weg in Treue weitergehen. Erst im Gehen wächst uns die Kraft für den Weg zu, nicht vorab. Und in Zeiten der Krise muss man an den Grundentscheidungen festhalten. Natürlich sind Leiden stets Anfechtungen – auch für unseren Glauben. Aber in der Erschütterung haben wir nie die notwendige Klarheit, die es für eine gute Unterscheidung und Entscheidung braucht.
Schließlich ein abschließender, dritter Impuls, der von der kleinen Therese kommt. „C’est la confiance“, schreibt die heilige Therese von Lisieux. „Es ist das Vertrauen und nichts als das Vertrauen soll uns zur Liebe führen.“ Unser Heiliger Vater hat letztes Jahr ein Schreiben darüber vorgelegt. Darin schreibt Papst Franziskus über das Glaubens- und Lebenszeugnis von Therese: „In einem komplexen Augenblick kann sie uns helfen, die Einfachheit, den absoluten Vorrang der Liebe, des Vertrauens und der Hingabe wiederzuentdecken“.[1]
25.02.2024, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler
[1] Apostolisches Schreiben C’est la confiance von Papst Franziskus anlässlich des 150. Jahrestages der Geburt der heiligen Theresia vom Kinde Jesus, Nr. 52.