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Predigt von Pfarrer Daigeler zum 15. Sonntag im Jahreskreis A
Liebe Brüder und Schwestern im Herrn,
ganz typisch für die Verkündigung Jesu sind seine Gleichnisse. Jesus versteht es, seine Botschaft in einfachen, verständlichen Worten auszudrücken, sie mit Bildern aus dem Alltag zu erläutern. So ist es auch mit dem eben gehörten Gleichnis vom Sämann. Die Zuhörer Jesu hatten bei diesen Worten sogleich ein Bild vor Augen, wie beispielsweise Getreidesamen auf dem Feld ausgebracht werden. Damals geschah das natürlich noch von Hand, doch auch in unserer technisierten Welt können wir uns das ungefähr vorstellen.
Ausgehend von diesem Gleichnis vom Sämann möchte ich drei Gedanken mit Ihnen teilen. Zunächst, der Same ist kostbar. Es gibt zwar heute allerlei Züchtungen, leider manchmal zum Nachteil armer Kleinbauern, dennoch das Grundprinzip der Schöpfung kann der Mensch nicht verbessern. Der Same ist kostbar, weil in ihm bereits der Bauplan und der Antrieb zu einer Pflanze enthalten ist. Auch wenn das Samenkorn klein erscheint, es enthält großes Potential, das zwar menschlichen Augen verborgen, aber doch wirklich da ist. Eben darum eignet es sich so treffend als Bild für die Frohe Botschaft, für das Wort Gottes, ja auch für das fleischgewordene Gotteswort, das Jesus selbst ist. Auch wenn Gott unscheinbar und leise in unserer Welt ist, so ist er doch wirklich und wirksam da – mit all seiner Macht. So wie es der Prophet Jesaja in der Ersten Lesung über das Wort aus Gottes Mund sagt: „Es kehrt nicht leer zu mir zurück, ohne zu bewirken, was ich will, und das zu erreichen, wozu ich es ausgesandt habe.“
Ein zweiter Gedanke: Wenn wir das Gleichnis hören, wie es Jesus erzählt, muss man staunen über die Großzügigkeit des Sämanns. Mit vollen Händen wird der Samen ausgestreut, der auf unterschiedliche Böden fällt. Da wird nicht kleinlich gezählt oder sparsam zurückgehalten, es ist ein Bild der verschwenderischen Liebe Gottes. Nicht nur etwas von sich, nicht bloß eine kleine Portion hat Gott gegeben, nein, alles hat er gegeben, sich selbst hat er in der Menschwerdung seines Sohnes Jesus in unsere Welt gegeben. Was für eine Frohe Botschaft: Gott ist großzügig, damit alle Menschen sein Wort erfahren und sein Heil finden.
Schließlich erinnert uns das Gleichnis an etwas Drittes, das nicht minder wichtig ist. „Die Gnade setzt die Natur voraus“, heißt es in der Dogmatik. Etwas salopp ausgedrückt: Der Heilige Geist braucht einen Landeplatz. Die unterschiedlichen Böden, von denen Jesus spricht: Gestrüpp, Weg, Steine und guter Boden, sie zeigen uns, dass die Botschaft des Glaubens keine Einbahnstraße ist. Gott spricht sein Wort in diese Welt – großzügig und umfassend, doch es braucht meine Aufnahmebereitschaft. Es braucht das „Ja“ meines Glaubens, wie es uns die Gottesmutter Maria vormacht. Sie wird ganz beschenkt mit dem Wort Gottes, überschwänglich, unermesslich, doch es braucht ihr „Ja“, ihre Bereitschaft, die sagt: „Mir geschehe nach deinem Wort.“ Das gilt auch für uns: Das tägliche Gebet, das tägliche Hinhorchen auf Gottes Stimme, die wöchentliche Begegnung mit dem Heiland im Sakrament – all das soll den Boden meines Herzens bereiten, damit sein Wort in mir auf guten Boden fällt und Frucht bringt „teils hundertfach, teils sechzigfach, teils dreißigfach“. Amen.
12.07.2020, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler