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Predigt von Pfarrer Daigeler zu Kiliani – 2023

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, vor mehr als 1300 Jahren brachten der heilige Kilian und seine Gefährten den christlichen Glauben in unsere fränkische Heimat. Ihr Mut, ihre Verkündigung des Evangeliums und ihre Bereitschaft, sogar ihr Leben dafür zu geben, stehen am Beginn der Glaubensgeschichte in unserem Land. Wenn unsere Diözese Würzburg am 8. Juli und am heutigen Sonntag das Fest der Frankenapostel begeht, dann ist das auch Anlass zu fragen, wie es um den christlichen Glauben steht, den die heiligen Kilian, Kolonat und Totnan ausgesät haben.

Manche haben vielleicht die Nachrichten über die Mitgliederzahlen der katholischen Kirche in Deutschland gehört, die in der vergangenen Woche veröffentlicht wurden. Das ist natürlich nicht erbaulich. Es ist traurig. Aber mein erster Rat ist Nüchternheit. Das ist nicht als Ausrede gemeint, aber Panik oder allzu einfache Erklärungen helfen nicht weiter. Wenn es vergleichbare statistische Erhebungen über Vereine und andere Gruppen geben würde, dann würden die nicht anders aussehen. Das ist eine gesellschaftliche Entwicklung über Jahrzehnte hin zu einer stärkeren – manche würde sagen: übersteigerten – Individualisierung. Nur ein Beispiel: Das Fitness-Studio bietet mir sportliche Angebote zu der Zeit, zu der ich möchte. Und ich muss auch nicht bei einem Vereinsfest helfen oder das Sportheim putzen…

Warum sollte das im religiösen Leben anders sein. Jeder sucht sich das aus, was er zu einem von ihm gewählten Zeitpunkt möchte. Das steht aber in einer Spannung zum Angebot der Kirche, das immer gemeinschaftlich ist – und darum immer mit anderen abgestimmt werden muss, das sein „Programm“ nicht zur Wahl stellen kann, weil es uns von Jesus anvertraut worden ist…

Natürlich gibt es nicht wenige, die uns einfache Erklärungen anbieten. Es liege an der Reformverweigerung der Kirche, dass sich so viele von ihr abwenden. Allein die Vergleichszahlen anderer Glaubensgemeinschaften widersprechen dem. Aber ich möchte tiefer fragen. Einige sagen: Es ist doch nicht mehr plausibel, dass die Kirche – wie es bereits der heilige Kilian tat – bestimmte Vorstellungen von Ehe und Familie vertritt, an bestimmten Moralvorstellungen von gut und böse festhält… Das mag man so sehen. Aber ich würde dann weiter fragen: Ist denn der Glaube an Gott selbst noch plausibel? Der Glaube daran, dass da einer über uns steht, über meinem persönlichen Befinden und Meinen steht, dem wir alles verdanken und nach dessen Weisung zu leben, das Leben erst gut macht…?

Sagen wir es ehrlich: Hier liegt der eigentliche Knackpunkt. Es ist einfach auf die menschlichen und allzu menschlichen Schwächen der Kirche und ihrer Amtsträger hinzuweisen. Dann muss sich keiner mehr fragen: Wie steht es denn um meinen eigenen Glauben? Welche Relevanz hat er? Bin ich bereit, mir von Gott etwas sagen zu lassen, mich von ihm zur Umkehr rufen zu lassen? Was bin ich bereit für diesen Glauben zu geben und einzusetzen? Denn ohne meinen persönlichen Einsatz von Zeit und Kraft wird es nicht gehen. Jedenfalls ist der Glaube sonst nicht mehr als Wort, das kaum oder keine Relevanz für mich hat.

Die Seligpreisungen, die wir am Kiliansfest hören, sind keine allgemein verbreitete Weltsicht – damals wie heute. Menschen sind nicht einfach der Meinung, dass die Armen, die Traurigen, die Verfolgten die eigentlichen Seligen und Sieger in der Welt wären. Das ist die neue Sicht auf die Welt, die uns Christus gelehrt hat. Die Heiligen wie Kilian und seine Gefährten haben diesen Worten Jesu Glauben geschenkt und haben ihr ganzes Leben darauf gebaut. Sie haben dafür alles eingesetzt: Ihre Heimat Irland haben sie verlassen; sie haben den Menschen die Freude des Evangelium gebracht und ihr Leben dafür gegeben im Martyrium.

Letztlich kann es zu jeder Zeit nur so gehen. Es geht um das Wagnis, dass ich dem Wort Gottes Glauben schenke, dass ich es wage, auf dieses Fundament mein ganzes Leben zu bauen. Und dort, wo Menschen das beginnen, werden sie immer Freunde und Mitstreiter finden. Aber es geht immer nur, wenn ich etwas von mir selbst einsetze. Die Menschen haben dem heiligen Kilian Glauben geschenkt, nicht weil er perfekt oder fehlerlos war, sondern weil sie ihm abgenommen haben, dass er wirklich das glaubt, was er sagt, weil er dafür alles eingesetzt hat.

Die Kirche lebt nicht von Erwartungen, die an sie gestellt werden. Die Kirche lebt von Menschen, die bereit sind ihre Kraft, ihre Zeit, ihre Ressourcen, ja etwas von ihrem eigenen Leben zu geben. Nur aus solchen Weizenkörnern, die in die Erde fallen, wird Frucht wachsen. Die Frankenapostel Kilian, Kolonat und Totnan sind in ihrer Zeit diesen Weg gegangen. So haben sie das Leben in Fülle gefunden. Das sagen wir ja, wenn wir sie als Heilige ehren. Die Frage ist nur: Glauben wir das wirklich? Und was bin ich bereit, für diesen Glauben einzusetzen? Amen.

02.07.2023, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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