Predigt von Pfarrer Daigeler zum 4. Adventssonntag A
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Liebe Brüder und Schwestern im Herrn, eine Nachricht über etwas, von dem ich noch nie gehört habe; ein Ereignis in meinem Leben, das gegen alle Erwartungen spricht – wie soll man einem solchen Geschehen trauen?
Zunächst gibt es notwendige, natürliche Voraussetzungen, die für die Aufnahme und Annahme nötig und hilfreich sind. Die Nachricht muss für mich schlicht mit einem meiner Sinne fassbar sein, also durch Hören, Sehen oder Tasten. Dann muss mir dieser Impuls auch noch in einer mir verständlichen Weise oder Sprache begegnen. Wenn das Datei-Format nicht zum Gerät passt, kann es nicht gelesen oder abgespielt werden. Das ist nicht nur in der Technik so, das gilt ebenso für uns Menschen.
Und dennoch reicht das nicht aus. Wir erleben das im Miteinander von Menschen, in Partnerschaft oder Familie. Nur durch das Erklären wird ein Streit nicht ausgeräumt. Nur durch exakte Zeichen oder Begriffe entsteht noch kein gegenseitiges Verstehen. Dazu braucht es immer auch einen Vorschuss an Wohlwollen und Vertrauen. Ohne dieses bleiben Menschen und Ereignisse unverständlich und letztlich auch „unglaubwürdig“. Ich muss ihnen, wie es unsere deutsche Sprache sehr schön ausdrückt, tatsächlich Glauben „schenken“.
Von solchem Geschehen berichten uns die Evangelien ganz zu Beginn der Jesus-Erzählung. Lukas und heute Matthäus nehmen uns mit hinein in das Ringen von Maria und Josef um dieses unfassbare Geschehen: Ohne das Zutun eines Mannes soll Maria schwanger geworden sein? Soll das wahr sein? Was bedeutet allein diese Schwangerschaft für die junge Ehe von Maria und Josef? Und dann wird noch eines drauf gesetzt, dieses Kind soll der Immanuel, der Gott-mit-uns, ja Gottes Sohn sein. Wer soll das fassen?
Nur weil wir selbst es vielleicht schon mehrfach gehört haben, macht es das nicht unbedingt einfacher zu begreifen. Und es ist beeindruckend, dass die Heilige Schrift nicht einfach Fragen, Zweifel und Ringen übergeht. Das Evangelium nimmt uns heute mit hinein in das Innerste des heiligen Josef, in sein Herz, in seine Träume. Josef verurteilt Maria nicht, aber es ist ihm doch ein bisschen zu viel, die ganze Geschichte zu glauben. Er sieht, was geschehen ist. Und er versteht die Schwangerschaft in seiner Sprache, in der ihm gewohnten Vorstellung. Darum will er Maria still und heimlich verlassen.
Doch die Zeichen, durch die Gott uns seine Nähe schenkt, sind oft überraschend und unerwartet. Bereits der Prophet Jesaja, von dem wir in der Ersten Lesung hörten, verweist auf die unerwartete Schwangerschaft einer Jungfrau, die ein sichtbares Zeichen sein soll für das unerhört Neue und Große, das Gottes Allmacht schaffen kann. Nur der Weg des Vertrauens führt zum Verstehen dieser Zeichen. Wenn wir, wie Josef es tut, Glauben schenken, dann geht uns ein tieferes Verstehen auf für das Geschenk der Nähe Gottes.
Dieses Evangelium soll auch der Apostel Paulus verkünden, wir hörten es in der Zweiten Lesung. Und auch wir sind berufen, diese Frohe Botschaft zu bedenken, sie zu ergreifen und weiterzusagen. Der Advent und das kommende Weihnachtsfest stellt uns eine Botschaft vor, der unsere Augen kaum trauen: Der unfassbare Gott wird ein kleines Kind im Stall. Die Jungfrau empfängt ein Kind. Nicht menschliches Tun ist es, sondern Gottes Geschenk. Unsere Sinne täuschen sich, doch mit dem glaubenden Herzen können wir sie fassen, damit wir wie Josef und Maria beschenkt mit dem Gott-mit-uns, damit auch wir seine Zeugen sind. Amen.
18.12.2022, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler