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Predigt von Pfarrer Daigeler zum 10. Sonntag im Jahreskreis B

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, dazugehören, ist ein wichtiges Anliegen jedes Menschen. Das beginnt, wenn ein Kind auf die Welt kommt. Es ist lebenswichtig, dass es an- und aufgenommen wird. Das prägt das Leben in der Familie, in Schule und Beruf, in Gruppen und im Freundeskreis. „Kein Mensch ist eine Insel“, heißt es. Wir leben vom Miteinander, vom An- und Aufgenommensein. Das gilt grundsätzlich für alle Menschen.

Natürlich stellt sich die Frage, wodurch definiert sich dieses „Dazugehören“. Eine Gruppe kennt ja ein Drinnen und ein Draußen. Ich kenne viele Menschen, aber nicht mit jedem bin ich verwandt oder befreundet… Früher, nicht nur in der Antike, bis gar nicht so lange auch bei uns, spielte zum Beispiel die Blutsverwandtschaft eine große Rolle. Jedem war klar, man ist aufeinander verwiesen. Wenn der eine ein Haus baut, hilft man und man weiß, dass mir selbst ebenso geholfen wird…

Das hat sich spürbar verändert in unserer Gesellschaft. So könnte der Eindruck entstehen: Ich kann es auch alleine. Dass das ein Irrtum ist, belegen nicht nur die wachsende Zahl seelischer und psychischer Überforderungen. Auch das große, gesellschaftliche Thema „Identität“ zeigt: Viele Menschen sind verunsichert. Sie wissen nicht mehr, wo sie „dazugehören“ wollen oder sollen.

Was hat das nun mit dem Evangelium zu tun? Der heilige Markus erzählt uns ziemlich am Anfang seines Evangeliums von einer Episode im Galiläa. Ganz offenkundig geht es um die Frage der Identität. Wer ist dieser Jesus? Wo gehört er dazu? Wer gehört zu seiner Gruppe? Und worüber definiert sich das?

Die naheliegendste Antwort für die Zeitgenossen ist, ihn über seine Angehörigen zu definieren. Die kommen, weil sie Angst haben, dass er mit seinem Auftreten die Familie blamiert, und wollen ihn zurückholen. An anderer Stelle im Evangeliums heißt es: „Ist das nicht der Sohn Josefs? Leben nicht seine Verwandten hier bei uns?“ Die kennen wir doch. Und darum meint man auch ihn zu kennen.

Doch in fast unverschämter Weise weist Jesus die Rückholaktion seiner Angehörigen zurück: „Wer ist meine Mutter und wer sind meine Brüder?“ Das ist ein hartes Wort. Aber wir müssen es im Zusammenhang des Ganzen sehen. Jesus weist ja immer wieder daraufhin, wo er dazugehört oder besser zu wem er gehört: „Ich und der Vater sind eins.“ Jesus ist der Sohn des Vaters, der Sohn Gottes. Um diesen unerhörten Anspruch geht es. Die Schriftgelehrten merken, dass hier ein größerer Anspruch erhoben wird, dass hier mit Macht gesprochen wir, dass hier Zeichen und Wunder geschehen. Darum unterstellen sie, Jesus sei mit dem Teufel im Bunde.

Es ist ein wenig wie in der Ersten Lesung aus dem Alten Testament, wo beim Sündenfall die Verantwortung von einem auf den anderen weitergereicht wird. Es gibt den Teufel, der uns verwirren und vom Weg abringen will. Aber das ist nicht das Entscheidende. Adam und Eva verlieren das Dazugehören im Paradies, weil sie meinen, es selber besser zu wissen und zu können als Gott. Jesus ist in die Welt gekommen, um uns neu in die Familie Gottes aufzunehmen – durch den Gehorsam, den er gegenüber dem Vater gelebt hat bis zum Kreuz. Und Jesus hat uns den Weg gezeigt, wie auch wir zu dieser Familie gehören können: „Wer den Willen Gottes tut, der ist für mich Bruder und Schwester und Mutter.“

Entscheidend ist nicht mehr Abstammung, entscheidend ist, dass einer an Christus glaubt und dass er nach dem Vorbild Christi handelt. Wer das tut, der gehört zu ihm – nicht nur in dieser Zeit, auch für die Ewigkeit. Amen.

09.06.2024, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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