Predigt von Pfarrer Daigeler zum 4. Fastensonntag (Laetare) – Texte: Lesejahr A
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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, üblicherweise wechseln die Sonntagslesungen alle drei Jahre. In der Fastenzeit besteht die Möglichkeit, jedes Jahr die Texte aus dem Johannesevangelium zu wählen. Ich nutze diese Möglichkeit gerne, weil diese drei Evangelien so schön zeigen, worum es in der Taufe geht.
Am letzten Sonntag hörten wir von der Frau am Jakobsbrunnen. Jesus schenkt der Samariterin „lebendiges Wasser“. Heute heilt er den Blindgeborenen und zeigt sich ihm als das „Licht der Welt“. Am nächsten Sonntag werden wir von der Erweckung des Lazarus hören. Ihm zeigt Jesus, dass er wahrhaft „die Auferstehung und das Leben“ ist.
Wasser, Licht und Leben: All das gehört zur Taufe. Aber bleiben wir beim heutigen Evangelium, bei der Heilung des Blindgeborenen. Unser Blick, unser Eindruck prägt unsere Wahrnehmung und unser Urteil. Schnell ordnen wir Mitmenschen ein, weil sie so oder so aussehen, weil sie sich so oder so verhalten. Schon in der alttestamentlichen Lesung ist es so. Der Prophet Samuel will den erstgeborenen Sohn des Isai, also den Größten, zum König salben, aber es wird der Kleinste sein: David, den Gott erwählt. Und auch im Evangelium sind sich die Jünger schnell einig, der Blindgeborene selbst oder seine Eltern müssen gesündigt haben, weil er mit dieser Behinderung oder Krankheit geschlagen wurde.
Jesus verwirft diese Sicht eindeutig. Er will seine Jünger und Freunde zu einer neuen Sichtweise führen. Das heutige Evangelium dreht sich um den Auftrag: Mit den Augen Jesu sehen. Als Christen können wir nicht einfach nur vordergründig oder oberflächlich auf die Welt schauen. Christus ist unser Licht, sagt Paulus im Epheserbrief. Wir sollen als „Kinder des Lichts“ leben. Darum dürfen wir uns nicht vom äußerlichen Schein dieser Welt blenden lassen. Unser Blick muss an Jesus Maß nehmen: Heilend, vergebend, aufrichtend sollen wir auf unsere Mitmenschen schauen. Das kann ein Auftrag gerade für die Fastenzeit sein, in der wir stehen: Wie schaue ich andere an? Mit den Augen Jesu? Mit Wohlwollen, mit Erbarmen, mit Hilfsbereitschaft…?
Schließlich gehört auch ein dritter Schritt dazu, wenn wir die Heilung des Blindgeborenen meditieren. Es geht auch darum, Jesus auf mein Leben schauen zu lassen – auch dorthin, wo ich vielleicht lieber etwas verberge, wo ich mich schäme oder eben meine Schwachstellen habe. Lassen wir uns von Christus heilen! Nur Christus kann uns das Licht Gottes schenken und er will es. Bekennen wir ihm – auch in der Beichte – unsere Schuld, unsere Verblendung, unsere Kurzsichtigkeit und vor allem unseren Stolz. Er will uns heilen und aufrichten, damit wir wahrhaft als „Kinder des Lichtes“ leben, damit unser Leben hell wird und wir das Leben anderer hell machen. Amen.
10.03.2024, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler