Predigt von Pfarrer Daigeler zum Dreifaltigkeitssonntag A
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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, am Sonntag nach Pfingsten steht im kirchlichen Kalender das Fest der Dreifaltigkeit. Vielleicht haben Sie diesen theologischen Begriff „Dreifaltigkeit“ schon gehört, der dem heutigen Sonntag seinen Namen gibt. Was damit gemeint ist, fällt vermutlich schwerer zu erklären. Wer sich auskennt, wird sagen können: Gott ist dreifaltig: Vater, Sohn und Heiliger Geist. So sprechen wir es am Anfang von Gebet und Gottesdienst: „Im Namen des Vater und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ Und mit diesen Worten werden wir getauft und gesegnet.
So weit so gut, doch was meinen diese Begriffe? Wie können wir sie mit Leben füllen? Die Heilige Schrift sagt uns ganz zu Beginn, als sie von der Erschaffung der Welt und des Menschen spricht, Gott habe den Menschen als sein „Abbild“ geschaffen. Wenn nun der Menschen Abbild Gottes ist, dann finden sich in unserem Menschsein – bei aller Verschiedenheit – Gemeinsamkeiten mit Gott.
Zu unserem Menschsein gehört wesentlich Gemeinschaft. Keiner ist „vom Himmel gefallen“. Wir verdanken uns konkret anderen Menschen, den Eltern – der Mutter, die uns auf die Welt gebracht hat. Für das Heranwachsen, für eine gute Ausbildung etc. brauchen wir andere Menschen, die uns begleiten und fördern. Und so bleibt es auch, wenn wir erwachsen sind, unser Leben gelingt erst im Miteinander. Man kann nicht allein feiern, man braucht einen anderen, mit dem man die Freude teilen kann. Und auch in traurigen Stunden oder gar in der Not brauche ich immer wieder andere und ihre Hilfe. Keiner rettet sich alleine!
Dieses Verwiesensein auf den anderen mindert nicht meine Eigenständigkeit, wie vielleicht manche meinen, die heute Individualität über Gebühr betonen. Im Gegenteil, es sind zwei Seiten einer Medaille. Eine gute Gemeinschaft ist keine anonyme Masse, die kopflos irgendwohin läuft. Sie lebt von den unterschiedlichen Begabungen und Charismen. Sie braucht den Einzelnen. Und umgekehrt braucht jeder Einzelne die Gemeinschaft, um gut leben zu können, um zu entfalten, was Menschsein in seiner Fülle meint.
Was hat das nun mit dem Glauben zu tun? Das christliche Glaubensbekenntnis legt hier ein einzigartiges Bild vor. Gott selbst ist kein Individualist und keine Monade. Er ist in sich Gemeinschaft. Er ist in sich Lebensaustausch: Der Vater, der Leben schafft und erhält; der Sohn, der auf uns zugeht, der Gottes Fleisch gewordene Botschaft an uns ist; und der Heilige Geist, der das Band der Liebe in Gott ist und zwischen allen Menschen, die an ihn glauben. Und diese göttliche Gemeinschaft ist kein vermischter „Einheitsbrei“, sondern hat jeweils „Gesicht“ und Eigenstand (Hypostase) im Vater, im Sohn und im Heiligen Geist.
Das heutige Fest ist ein Glaubensbekenntnis an Gott, der in drei Personen doch ein Wesen ist. Zugleich zeigt uns der Dreifaltigkeitssonntag auch die Schönheit und Weite unseres christlichen Glaubens, der Einheit stiftet und dabei nicht einfältig wird, der im Heiligen Geist Gemeinschaft von Menschen stiftet und dabei ihre Eigenständigkeit wahrt, wie es Paulus in der Zweiten Lesung sagte. Denn der Glaube führt nicht durch Gleichmacherei zusammen, sondern dadurch, dass er uns immer wieder zur Mitte führt: zu Gott. Ganz wie es Mose hört: „Der HERR ist der HERR.“ Wo wir dem Herrn nahe kommen, da finden wir – bei aller Unterschiedlichkeit – auch immer zusammen. Und nur gemeinsam, nur im Mitglauben und Mitleben mit der Kirche finden wir zu Gott. Amen.
04.06.2023, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler