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Predigt von Pfarrer Daigeler zum 27. Sonntag im Jahreskreis B

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, die Erste Lesung ist aus dem Buch Genesis genommen. Gar nicht wenige Menschen bezweifeln den Wert dessen, was wir in diesem ersten Buch des Alten Testaments hören. Was dort über die Erschaffung der Welt zu lesen ist, das sei überholt – ein Märchen, das nicht vor der heutigen Naturwissenschaft bestehen könne… Andere Gruppen versuchen gut gemeint, aber mit teils fragwürdigen Methoden die Historizität dieser Worte zu belegen.

Beide Herangehensweisen gehen am Charakter des Textes vorbei. Die ersten Kapitel der Genesis sprechen nicht über Jahreszahlen, wann sich das ereignet hat oder wie lange es gedauert hat. Es geht um viel tiefere Fragen: Warum hat sich das ereignet? Warum gibt es überhaupt etwas? Warum gibt es die Welt, den Menschen…? Warum gibt es mich? Und es geht um die Frage: Sind wir einem blinden Schicksal unterworfen? Ist die Welt ein Chaos, dem man letztlich nicht entrinnen kann? Oder gibt es eine gute Ordnung, wie mein Leben und das gemeinsame Leben gut wird und es bewahrt bleibt?

Wir glauben, dass Gott die Welt erschaffen hat, dass die Schöpfung gut ist, wie es ausdrücklich heißt. Wir glauben, dass Gott dieser Welt eine gute Ordnung eingestiftet hat, die uns überhaupt erst leben lässt und die sich wunderbar widerspiegelt im Rhythmus unserer 7-Tage-Woche von Werktag und Ruhetag.

All das ist nicht nur eine Sammlung menschlicher Ideen. Das ist ein vom Geist geleitetes Sehen, Deuten und Verstehen. Aus dem Glauben haben Menschen die Ursachen tiefer erkannt und erfasst. Und Gottes Geist hat sie geleitet, dieses Verständnis für andere zugänglich und fruchtbar zu machen, indem sie das Erfasste niedergeschrieben haben. So ist die Heilige Schrift: Gottes Wort in Menschenwort.

Wenn wir über den heute gehörten Abschnitt in diesem Sinne nachdenken, dann sehen wir: Der Mensch ist ein soziales Wesen. Er ist keine Monade, keine „Insel“. Er ist seinem Wesen nach auf Gemeinschaft angelegt. Das kann jeder Mensch erkennen. Denn jeder verdankt sich anderen: den Eltern, der Mutter sowie Begleitern, die unser Wachsen, Lernen und Reifen gefördert haben… Und keiner kann dieses Leben alleine bewältigen. Wir brauchen immer die Unterstützung und Hilfe anderer.

Diese Wahrheit über den Menschen findet ihre ganz besondere Verwirklichung in der Ehe, von der wir heute auch im Evangelium hören. Mann und Frau binden sich in Freiheit aneinander. Sie verlassen Vater und Mutter, um eine neue Familie zu gründen, um offen zu sein für neues Leben. Das ist etwas Großes und von Gott gewollt. Gleichzeitig ist es immer auch etwas Gefährdetes. Es ist ein immer wieder aufeinander Zugehen, ein gegenseitiges Verzeihen. Und es gibt auch die Realität des Scheiterns, die selbst im Evangelium benannt wird.

Und die Pharisäer wollen von Jesus wissen, wie ist hier zu verfahren. Aber Jesus gibt keine „Verfahrensordnung“. Er will die Menschen zum guten Ursprung zurückführen. „Was steht denn am Anfang?“, fragt er. Und die Antwort lautet: die Liebe. Die Liebe Gottes, der Mann und Frau erschaffen hat, und die Liebe, das Mann und Frau einander angenommen und sich miteinander verbunden haben. Und wenn wir dem Schlüsselwort Jesu folgen, das lautet: „Kehrt um“, dann kann es nur darum gehen immer wieder zu diesem guten Ursprung zurückzukehren: zur Liebe Gottes und zur Liebe des Partners.

„Was Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen.“ Das ist eine tiefe Wahrheit, die niemand verändern kann. Sie ist heute genauso wahr wie vor 2000 Jahren. Das ist aber auch ein hohes Ideal. Und weil wir Menschen sind, bleiben wir immer auch dahinter zurück. Und gerade darum muss es ein Anliegen für uns alle sein, dass wir das schützen und dass wir einander stützen, dass wir ganz konkret die Eheleute immer wieder ermutigen und sie in Krisen stützen. Es liegt nicht nur am einzelnen Paar, es braucht auch das Umfeld.

Es gehört zu meiner festen Überzeugung: Dadurch dass man zusammenhält, dass weiter gemeinsam geht, kann man auch eine Krise überwinden. Erst im Durchhalten überwindet man eine Krise. Dafür wollen wir werben und ermutigen. Damit der Mensch entdeckt: Wenn ich so lebe, dann wird das Leben gut. Amen.

06.10.2024, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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