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Predigt von Pfarrer Daigeler zum Weißen Sonntag

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, im Vergleich mit den unzähligen Bildern, Buchseiten und Interneteinträgen, die wir über die Prominenten unserer Zeit finden können, sind die Evangelien recht knapp. Sie sagen kurze Worte über die Geburt Jesu, sammeln einige Predigten und Gleichnisse, sprechen dann ausführlicher über die Verhaftung, das Leiden und Sterben des Herrn und über Begegnungen des Auferstandenen mit den Frauen und den Jüngern.

Natürlich hinkt dieser Vergleich etwas, da antike Medien andere waren als heute. Darum lässt sich sogar sagen, dass wir über kaum eine Person der damaligen Zeit mehrere schriftliche Quellen haben. Über Jesus haben wir mit den vier Evangelien und den hinzukommenden Schriften des Neuen Testaments und sogar von nicht-christlichen Autoren äußerst verlässliche Informationen. Wir kennen glaubwürdige Zeugen, die Jesus gesehen und gehört haben.

Gleichzeitig wollen die Evangelien nicht einfach eine Biographie sein, so dass sie uns ein paar nette Geschichten aus einem Leben vor 2000 Jahren in Palästina erzählen. Diese Zeichen „sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Sohn Gottes ist“ und dass ihr in diesem Glauben das Leben habt. Mit diesen eindeutigen Worten schließt der heilige Johannes sein Evangelium. Wir haben es eben gehört. Die Heilige Schrift will zum Glauben bewegen. Schließlich ist genau das der Auftrag, den Jesus seinen Jüngern und seiner Kirche mitgegeben hat. Wo wir als Christen nicht mehr andere für den Glauben gewinnen wollen, wo wir nicht mehr die Frohe Botschaft weitersagen, da hören wir auf Christen zu sein. Das macht uns nicht zu schlechten Menschen, aber Christen sind wir dann keine mehr. Und das ist eine durchaus sehr reale Gefahr für die Kirche – besonders in unserem Land.

Ich gebe gerne zu, dass es nicht einfach ist, die rechten Worte für den Glauben zu finden, oder den Mut, um das Wort zu ergreifen. Und manche Ereignisse und Sünden inmitten unserer Kirche machen es uns nicht leichter. Doch ohne das zu mindern, ist die eigentlich größte Schwierigkeit die Provokation des Glaubens selbst. Nicht die einschlägigen und immer wieder aufgezählten Kirchenthemen sind das Widerständigste. Die größte Schwierigkeit ist der Glaube daran, dass da einer gestorben ist und auferstanden sein soll, dass einer tot war und nun lebt. Der Apostel Thomas bringt es auf den Punkt: „Wenn ich es nicht gesehen habe, glaube ich nicht.“

Offen und ehrlich hat man diese Worte in das Neue Testament aufgenommen, denn sie benennen eine zutiefst menschliche Herausforderung. Wir können nicht einfach sagen, dass der Glaube an die Auferstehung, der Glaube an das ewige Leben einfach auf der Hand liegen würde. Er fordert uns heraus. Er fordert von uns das Wagnis, ganz auf andere zu vertrauen. Wir haben es nicht selbst in der Hand. Wie nichts anderes führt uns der Tod an die Grenzen unseres Können und Verstehens. Gleichzeitig zeigt er uns den einzigen Weg aus dieser Ohnmacht, nämlich ganz anderen zu vertrauen: Dem auferstandenen Herrn zu vertrauen, der sagt: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt.“ Und den Frauen und den Jüngern zu vertrauen, die uns sagen: „Wir haben den Herrn gesehen. Wir haben gesehen, dass er lebt.“

Ihr Zeugnis ist aufgeschrieben, damit auch wir glauben, „dass Jesus der Christus ist“, wie wir es in der Zweiten Lesung hörten. Das ist „der Sieg“, der Sieg über die Welt, der Sieg über den Tod: der Glaube an den Auferstandenen, der selbst den Tod besiegt hat.

Die Erste und die Zweite Lesung des heutigen Weißen Sonntags beschreiben ein Leben aus dem Glauben – genauer ein Leben, in dem der Glauben nicht bloß fromme Zugabe ist, sondern eine lebensprägende Wirklichkeit ist. Die Apostelgeschichte macht das fest an einem Leben in der Gemeinschaft der Kirche, an der Bereitschaft miteinander und mit anderen Gaben und Leben zu teilen. Der Johannesbrief spricht von der Liebe zu Gott und zum Nächsten, die sich im Halten der Gebote zeigt… Sagen wir es ehrlich, der christliche Glaube ist eine Provokation, eine Herausforderung. Jesus fordert uns heraus, ihm ganz zu vertrauen im Leben und im Sterben. Er fordert uns heraus, unser ganzes Leben mit ihm zu gestalten. Das erfordert Mut – auch Mut zur Umkehr und zur Veränderung in meinem Leben. Aber so finden wir das wahre Glück: „Selig, die nicht sehen und doch glauben.“ Amen.

11.04.2021, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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