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Predigt von Pfarrer Daigeler zum 2. Adventssonntag C

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, am Heiligen Abend werden wir in der Einleitung des Evangeliums hören, dass zu „jener Zeit“ Kaiser Augustus seine Untertanen zählen wollte und Quirinius Statthalter von Syrien war. Auch im nächsten Kapitel seines Evangeliums, das wir gerade gehört haben, vermerkt Lukas, als er vom Auftreten des inzwischen erwachsenen Johannes berichtet, die Herrscher der Zeit, nämlich Kaiser Tiberius, Statthalter Pontius Pilatus und die Vasallen-Herzöge Herodes und Co. Natürlich hält der heilige Lukas all diese Personen fest, um zu unterstreichen: Hier – in Betlehem und später am Jordanufer – wird Weltgeschichte geschrieben. Aber es ist auch noch in anderer Hinsicht bemerkenswert für uns.

Im fernen Rom wird man keine Notiz genommen haben von dem Kind, das da in Betlehem geboren wurde, und auch nicht vom Täufer Johannes. Dennoch ist in diesem Unscheinbaren bereits die Kraft und Fülle der Frohen Botschaft vorhanden: „Alle Menschen werden das Heil Gottes schauen.“

Es ist ganz so, wie wir es in der Ersten Lesung hörten. Der Prophet Baruch spricht zum Volk Israel, das als Minderheit in der Fremde leben muss: „Leg dein Trauerkleid ab und steig auf den Berg“. Und schau, wie alle Völker sich auf den Weg zu dir machen, um von dir zu lernen, wer Gott in Wahrheit ist. Kein Hindernis soll zu groß sein, heißt es, kein Berg zu hoch, kein Tal zu niedrig. Keine Macht der Welt vermag diese Frohe Botschaft aufzuhalten: „Gott will deinen Glanz dem ganzen Erdkreis“ zeigen.

Der Evangelist sieht diese Verheißung in den Worten und Taten des Johannes erfüllt. Ja, Gott hat sich als treu erwiesen. Gott hält seine Versprechen. Gott sieht die Not seiner Gläubigen. Und doch, wie soll man das glauben? Kommen wir Gläubigen uns nicht manchmal als eine kleine Schar vor? Als Minderheit in der Fremde?

Heute wird nach nur fünf Jahren Bauzeit die Kathedrale Notre Dame in Paris wieder geweiht. Dieses historische Gebäude zeugt davon, wie sehr der christliche Glaube Europa geprägt hat, wie er die Menschen angespornt hat, ihre besten Fähigkeiten zur Ehre Gottes einzusetzen als Baumeister, Künstler, Kirchenmusiker etc. Auch nicht-glaubende Menschen waren erschüttert über den Verlust dieser Kathedrale. Es geht nicht nur um Kunst, es geht darum: Was fehlt, wenn das Gotteshaus aus unserer Mitte gerissen wird. Was fehlt, wenn die Menschen in unserem Ort es nicht mehr schaffen, die Kirche zu pflegen und zu erhalten? Ja, mehr noch, was fehlt, wenn Gott aus den Seelen der Menschen verschwindet? Es bleiben nur mehr Außenmauern einer zerstörten Ruine. Und es reicht nicht – so bewundernswert die Leistung in Paris ist – das Gebäude wieder mit Steinen in Stand zu setzen.

Als Notre Dame brannte, haben mich die jungen Menschen beeindruckt, die singend und betend auf der Straße verharrten und das „Ave Maria“ sangen. Ihr Beten ist für mich ein Zeichen der Hoffnung – der Hoffnung, dass Gott nicht verschwunden ist aus unserer Mitte. Wie schreibt es der heilige Paulus an die Philipper: „Ich danke für eure Gemeinschaft im Dienst am Evangelium“.

Kein Denkmalschutz wird unsere Kirchen retten. Das können nur die Beter, die sie zu „Gotteshäusern“ machen, und die Menschen, die sich sorgen um die Sauberkeit und den Unterhalt. Vermutlich werden wir in Zukunft manchmal einen Weg auf uns nehmen müssen, um gemeinsam die Heilige Messe zu feiern. Doch unser Glaube ist nicht bequem. Johannes der Täufer ruft auf, die Komfort-Zone zu verlassen: „Bereitet dem Herrn den Weg!“, sagt er.

Zu diesem Dienst sind auch wir berufen als Christen. Ob wir viele oder wenige sind, wir wissen, der Herr ist in unserer Mitte. Er ist unsere Stärke. Was für eine Hoffnungsbotschaft hören wir an diesem Zweiten Advent! Helfen wir mit, dass sie zu vielen Menschen gelangt, dann wird in unserer Kirche „das Licht seiner Herrlichkeit“ erfahrbar. Amen.

08.12.2024, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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