logo pg liborius wagner Stadtlauringen

Predigt von Pfarrer Daigeler zum Stephanustag

Download Audiodatei der Predigt

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, gleich der Zweite Weihnachtstag schaut nicht mehr nur auf die Krippe, sondern auch auf das, was der, der darin liegt, in Bewegung gebracht hat. Doch was hat Christus bewegt? Was hat sich durch seine Geburt verändert in der Welt? Haben sich Gerechtigkeit und Glück ausgebreitet? Ist sein Reich des Friedens angebrochen?

Auf den ersten Blick wird man das vielleicht verneinen. Wie könnte man so etwas auch behaupten, wenn wir in unsere Welt schauen? In so vielen Ländern herrscht Krieg, auch in Heiligen Land, in dem Jesus zu Welt kam. In vielen Ländern werden Christen bedrängt und benachteiligt. Selbst in unserem Land sind christliche Kirchen immer häufiger Ziel von Gewalt und Zerstörung. Und hinzu kommt unsere eigene, kleine Welt. In Familien und Gruppen kennen wir Streit oder Trennung, Krankheit und ganz unterschiedliche Nöte…

Das ist eine Weise, wie man die Welt und das Leben auffassen kann. Sie macht uns traurig. Die Kirche stellt uns in den Heiligen und besonders den Märtyrern daneben eine weitere, neue Sicht vor. Diese Menschen zeigen uns, dass tatsächlich und unaufhaltsam etwas in Bewegung gekommen ist seit der Geburt in Betlehem. Bis zum heutigen Tag zeigt diese Bewegung Wirkung.

Was ist gemeint? Die Menschwerdung Gottes spricht uns an, nach dem Besten in uns zu fragen, es zu heben und das „Licht auf den Leuchter zu stellen“, damit es anderen leuchtet. So sagt es das Kind von Betlehem als erwachsener Mann: „Ihr seid das Licht der Welt.“ Die Welt verändert sich durch Menschen, die nicht über das Dunkel klagen, sondern Licht in die Finsternis tragen – das Licht der Hoffnung, das Licht der Liebe.

Und woher speist sich dieses Licht? Von ihm, der „Licht vom Licht“ ist, wie wir es im Credo bekennen. Der heilige Stephanus sagt: „Ich sehe den Himmel offen.“ Ich sehe, dass Gott nahe ist in Jesus Christus – selbst in der bittersten Stunde der Verfolgung oder des Sterbens. Wir entdecken in allen Situationen die Spuren Gottes, der menschgewordenen ist, um uns nie allein zu lassen.

So ist Weihnachten unverrückbar ein Fest des Friedens, der Gerechtigkeit, der Hoffnung, weil Christus geboren wurde. Er will die Welt verändern, indem er unsere Herzen verändert. Wo Menschen sich zu ihm bekehren, bricht Hoffnung an. Ganz zaghaft und klein wie das wehrlose Kind in der Krippe. Darum sehen seine Freunde oft hilflos aus nach den Maßstäben der Welt. Die Märtyrer erscheinen als Verlierer und sind doch die wahren Sieger. Sie tragen Hoffnung selbst in Kerker und Todeszellen.

Das zu verstehen, erfordert Mut. Es erfordert den Sprung des Glaubens. Damit wir diesen Sprung wagen, ist Gott uns entgegen gekommen – ganz konkret, in seinem Sohn.

Die jüdische Philosophin Hanna Arendt hat die Totalitarismen des zwanzigsten Jahrhunderts gesehen. Sie hat die Abgründe gesehen, in die gottlose Diktaturen unzählige Menschen gebracht haben in Kriegen und Konzentrationslagern. Vor diesem Hintergrund erkennt die Philosophin: „Das Wunder, das den Lauf der Welt und den Gang menschlicher Dinge immer wieder unterbricht und von dem Verderben rettet, ist […] das Geborensein. Dass man in der Welt Vertrauen haben und dass man für die Welt hoffen darf, ist vielleicht nirgends knapper und schöner ausgedrückt als in den Worten: "Uns ist ein Kind geboren‘“.

Der Märtyrer Stephanus war nicht in Betlehem, wie viele Märtyrer in den Jahrhunderten nach ihm. Doch sie haben sich ganz von der Hoffnungsbotschaft unseres Glaubens ergreifen lassen: Ein Kind ist uns geboren. Er ist der Immanuel, der Gott-mit-uns. Das verändert die Welt für immer und von Grund auf – besonders durch alle Menschen, die sich von dieser Frohen Botschaft ergreifen lassen, die sein Licht weitertragen. Amen.

26.12.2023, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

­