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Predigt von Pfarrer Daigeler zum 5. Ostersonntag B

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, im Licht der Auferstehung haben die Apostel Jesus besser verstanden. Vieles an seiner Person und in seinen Worten verstehen sie überhaupt erst nach Ostern. Einzelne Teile werden nun zu einem Ganzen. Das meinen die Evangelisten wohl, wenn sie schreiben, dass der Auferstandene seinen Jüngern den Sinn für das Verständnis der Schrift öffnete.

So wundert es nicht, wenn wir in den Sonntagen der Osterzeit Abschnitte aus dem Johannesevangelium hören, die nicht ausdrücklich von der Auferstehung sprechen. Am vergangenen Sonntag hörten wir vom Guten Hirten, der sein Leben für seine Herde gibt. Heute spricht Jesus von sich als dem wahren Weinstock. Beides sind Bilder aus der Alltagswelt der Zuhörer.

Ein Weinstock bringt etliche Triebe hervor, die zu Reben heranwachsen wollen. Ein guter Winzer schneidet viele Reben zurück, damit die Kraft des Weinstocks nicht in unfruchtbare Verzweigungen geht. Alle Kraft soll dahin wirken, dass reiche Frucht hervorgebracht wird. Jesus wendet dieses Bild nun auf sich und seine Jünger an. Nur wer mit Christus verbunden bleibt, bringt gute Frucht. Alles, was von Christus getrennt ist, wird verdorren. „Getrennt von mir, könnt ihr nichts vollbringen.“ Nichts können wir in der Kirche getrennt vom Herrn vollbringen.

Deutliche Worte. Und die Jünger haben sie noch in Erinnerung, als es zur schlimmsten Trennung zwischen Jesus und seinen Jüngern kommt, als nämlich Jesus verhaftet und gekreuzigt wird. Und es ist, wie der Herr es gesagt hat: Sie können nichts ohne ihn vollbringen. Sie sind verwirrt und voller Angst. Sie laufen davon und schließen sich ein.

Erst die neue Gemeinschaft mit dem Weinstock, lässt sie Frucht bringen. Nach seiner Auferstehung schenkt Jesus ihnen eine tiefe und bleibende Gemeinschaft, indem er mit den Jünger die österliche Eucharistie, die heilige Kommunion, feiert. Sie ist die tiefste Verbundenheit mit dem Weinstock Christus. Darum lebt die Kirche aus der Eucharistie – damals und heute.

Diese Gemeinschaft mit Jesus, dem Weinstock, schenkt den Jüngern Mut, sie zeigt ihnen den Weg. Die Apostelgeschichte berichtet es uns: Die Apostel verkünden das Evangelium, die Apostel feiern das Brechen des Brotes, also die heilige Messe, die Apostel heilen Kranke und vergeben Sünden. Diese Erfahrung lässt sich in der ganzen Kirchengeschichte zeigen. Überall, wo Christen eigenen Ideen nachlaufen und sich vom wahren Weinstock trennen, bringen sie keine oder ungenießbare Früchte. Und überall, wo Christen durch die Sakramente und das Gotteswort mit dem wahren Weinstock verbunden waren und sind, brachten und bringen sie reiche Frucht. Das Leben unzähliger heiliger Frauen und Männer belegt das.

Im Bild vom Weinstock geht es um das Wesentliche. Es ist eine Frage an uns: Wie sehr ist unsere Pfarrgemeinde mit dem Weinstock verbunden? Wie sehr bin ich mit Christus verbunden?

Oft bauen wir auf unsere eigene, zerbrechliche Kraft – als einzelne, wie als Kirche. Man könnte die Pläne und Aktionen, unsere Kirche umzuformen sehen, wo viel Spektakel gemacht wird, viel geredet oder viel Papier produziert, aber die Verbundenheit mit Christus vergessen wird… Man kann es aber auch im eigenen Leben sehen, wo das Gebet und der Gottesdienst schnell hinter vermeintlich wichtigeren Dingen steht. Doch dann geht es uns nicht anders als den Jüngern: Wir sind verunsichert. Wir verschließen uns.

Wer mit dem Weinstock Christus verbunden ist, der geht hinaus, der hat keine Furcht – weder vor dem Leben, noch vor dem Tod. Wer mit Christus verbunden ist, der bringt reiche Furcht – in diesem und im kommenden Leben. Amen.

02.05.2021, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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