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Predigt von Pfarrer Daigeler zum 21. Sonntag im Jahreskreis B

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, es ist wohl Anliegen nahezu jedes Menschen dazu zu gehören. Wer möchte schon Außenseiter sein, nicht mitspielen dürfen…? Unsere Zeit versucht diesen Wunsch nach Teilhabe zu beantworten, indem sie sagt: Jeder darf immer und überall bei allem dabei sein und mitmachen, sonst ist das „Diskriminierung“. Viele gesellschaftspolitische Weichenstellungen basieren auf diesem Ansatz. Jeder soll jeden heiraten dürfen, und gleichzeitig soll natürlich kein Paar in irgendeiner Weise anders behandelt werden, wenn es gar nicht verheiratet ist. Jedes Kind soll jede Schule besuchen dürfen, aber natürlich soll mein Kind nur mit den passenden Mitschülern in einer Klasse sein…

Man könnte weitere Beispiele anfügen. Aber ich meine doch, dass hier bereits eine grundlegende Spannung deutlich wird, die uns auch in den biblischen Lesungen dieses Sonntags begegnet. Ja, natürlich will jeder dazugehören dürfen. Und es darf auch nicht sein, dass nach Willkür der eine eingeschlossen und der andere ausgeschlossen wird. Aber der Knackpunkt liegt anderswo. Wirkliches, echtes Dazugehören gibt es nicht ohne Verbindlichkeit. Wie soll Gemeinschaft entstehen oder wachsen, wenn ich sage: Heute komm ich und morgen vielleicht – je nach Lust und Befindlichkeit? Verbundenheit wächst nun einmal aus Bindung. Das merken wir sehr deutlich an der Keimzelle jeder Gemeinschaft: an der Familie. Hier lernen wir ja, was es bedeutet dazuzugehören und angenommen zu sein. Aber die Familie gründet nunmal in der verlässlichen Bindung eines Mannes und einer Frau aneinander, wie wir es auch in der Zweiten Lesung gehört haben. Und die Familie kennt ein Drinnen und ein Draußen. Ohne andere abzuwerten, gehört eben nicht jeder zur Kernfamilie. Mancher gehört zur weiteren Verwandtschaft, andere zum Freundes- oder Bekanntenkreis, wieder andere gehören eben zu anderen Gemeinschaften…

All das hat etwas mit Bindung und Verbindlichkeit zu tun. Und diese gründen in einer Entscheidung. Und zwar nicht nur in der einen, großen Entscheidung, ob ich etwa vor dem Traualtar „Ja“ sage, sondern ebenso in der täglichen Entscheidung, dass ich dabei bleibe, dass ich mich um das Gelingen der Gemeinschaft bemühe, dass ich meine Kraft einbringe, dass ich meine Wünsche und Bedürfnisse auch um einer größeren Sache willen zurückstellen kann…

All das ist nicht nur attraktiv von außen betrachtet. Manchem erscheint es heute gar als langweilig und verstaubt. Die alttestamentliche Lesung erzählt uns von einer ähnlichen Situation. Das Volk Israel ist nach seiner 40-jährigen Wüstenwanderung nun im Land Kanaan angekommen. Die Kanaaniter dort verehren zahlreiche Götter in ansprechenden Statuen, die Fruchtbarkeit und Wohlstand versprechen. Josua sieht die Blicke der Israeliten, die zu den Nachbarn schielen. Und er stellt die Menschen offen vor eine Entscheidung: „Wenn es euch nicht gefällt, dem HERRN zu dienen, dann entscheidet euch heute, wem ihr dienen wollt…“ Gleichzeitig gibt er Zeugnis von seiner Entscheidung. Josua hat sich gebunden an den einen und einzigen Gott: „Ich aber und mein Haus, wir wollen dem HERRN dienen.“

Eine ähnliche Situation ist in der Synagoge von Kafarnaum entstanden. Nach mehreren Sonntagen haben wir nun im Evangelium die letzten Verse der „Brotrede“ Jesu gehört. Und am Ende scheiden sich die Geister: „Diese Rede ist hart. Wer kann sie hören?“ Doch Jesus knickt nicht ein. Er schließt keinen faulen Kompromiss, um bei der Mehrheit anzukommen. Viele ziehen sich daraufhin zurück. Darauf fragt Jesus seinen innersten Freundeskreis: „Wollt auch ihr weggehen?“

Nein, antwortet Petrus. Es ist sein Herzensanliegen dazu zu gehören, zu Jesus zu gehören. Doch er hat gelernt, dass Jüngersein, dass Christsein nie unverbindlich ist. Es gründet in der Bindung an Jesus Christus, der der Sohn Gottes, „der Heilige Gottes“, ist. Im Brot des Lebens ist er bei uns. Und nur wenn wir in der heiligen Kommunion dieses Brot des Lebens empfangen, bleiben wir mit Christus verbunden. Das ist uns aufgegeben. Hier muss sich jeder von uns entscheiden: Sonntag für Sonntag, ein Leben lang.

Doch was gibt es Schöneres und Größeres als dazu zu gehören zur Gemeinschaft Christi, als zu Jesus zu gehören? „Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens.“ Amen.

22.08.2021, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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