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Predigt von Pfarrer Daigeler zum 2. Adventssonntag

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, in der Krise sind die „Macher“ hoch im Kurs, diejenigen, die sagen: „Ich weiß, wo es lang geht. Ich habe die Lösung…“ In unserer Zeit wird das verstärkt durch die Unzahl von Medien und sozialen Veröffentlichungsmöglichkeiten. Hier präsentieren sie die Schillernden und Schönen, die Einflussreichen und Lauten: „Schaut auf mich. Schaut, wie toll mein Leben ist… Ich zeig es Euch…“

In diese „Konkurrenz“ ist das Evangelium des heutigen Zweiten Adventssonntags gestellt. Der heilige Markus beginnt sein Evangelium mit dem Blick auf Johannes den Täufer. In ihm erkennen viele Zeitgenossen Ähnlichkeiten zu den alten Propheten. Äußerlich anziehend ist der Auftritt des Johannes nicht. Ungepflegt sieht er aus in einem „Gewand aus Kamelhaaren“. Vermutlich ist er abgemagert, lebt er doch nur von „Heuschrecken und wildem Honig“. Und auch seine Botschaft ist beim ersten Hören verwunderlich: „Nach mir kommt einer, der ist stärker als ich“. Der Täufer Johannes redet nicht von sich, er stellt nicht seine eigene Leistung dar, er behauptet nicht, alles zu wissen oder zu können… Vielmehr ist sein Leben und seine Botschaft ganz und gar Hinweis auf einen Anderen – auf den kommenden Heiland.

Johannes ist eine Zumutung, eine Zumutung auch für uns als Kirche. Nicht wenige treten in unserer Kirche auf und sagen: „Ich habe die Lösung. Wenn wir nur dies oder jenes ändern oder abschaffen…“ Doch Johannes zeigt uns den wichtigsten – und ich möchte sagen einzigen – Auftrag als Kirche, nämlich dass wir auf Jesus hinweisen. „Bereitet ihm den Weg.“ Er ist der Heiland. Er ist der Weg. „Ebnet ihm die Straßen!“

Das klingt beim ersten Hören vielleicht nicht sehr attraktiv, stets auf einen Anderen hinweisen. Zu bekennen, dass nicht wir die „Lösung“ haben. Doch das war der Dienst der Propheten, das war der Dienst des Johannes, das ist unser Dienst. Denn wir haben zwar nicht „die Lösung“, doch wir kennen den Erlöser! Und dieser Dienst ist wunderschön. Denken wir noch einmal an die Worte der Ersten Lesung. Jesaja darf den Menschen zusagen: „Seht, Gott der Herr, kommt mit Macht“. Der „Frondienst“ geht zu Ende, die Schuld ist beglichen… Was für eine Frohe Botschaft, die uns Mut macht, die uns aufrichtet, die uns den Weg zeigt! Wir kennen den Erlöser. Und wir dürfen diese Freude und Zuversicht mit anderen teilen.

Freilich wird man jetzt einwenden: Aber was ist mit den Menschen, die weiterhin traurig sind, die krank sind oder verzweifelt. Wie kann man ihnen sagen, dass da ein Erlöser kommt. Offensichtlich bewegt genau diese Frage schon die Christen, an die der Zweite Petrusbrief gerichtet ist. Dort reden einige von „Verzögerung“. Sie meinen damit, dass sie unsicher sind, ob denn Gott überhaupt jemals eingreift und die Not wendet. Das ist menschlich nur zu verständlich. Wer von uns könnte sagen, dass wir nicht auch solche Gedanken und Regungen in unserem Herzen kennen würden?

Doch die Zweite Lesung stellt unser kleines Leben in die größeren Zusammenhänge der Allmacht und Weisheit Gottes. „Beim Herrn ist ein Tag wie tausend Jahre und tausend Jahre wie ein Tag“. Gott denkt in ganz anderen Dimensionen. Und vielleicht, so sagt es der Petrusbrief, ist die Wartezeit gerade zu unserem Heil. Es ist eine Zeit zur Umkehr, zur Bekehrung, zur Besinnung auf das, was zählt – auf den, der zählt, auf den Herrn. Er wird letztlich alles zum Guten wenden in seinem „neuen Himmel und der neuen Erde, in denen die Gerechtigkeit wohnt“. Das ist unser Ziel und unsere Zuversicht. Und diese Frohe Botschaft nicht aus den Augen zu verlieren inmitten der vielen Botschaften und Nachrichten dieser Welt, ist unser Dienst als Christen und als Kirche Christi. Amen.

06.12.2020, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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