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Predigt von Pfarrer Daigeler zu Neujahr

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, die Zeit ist eine wichtige Dimension unseres Daseins. Die verschiedenen Bräuche zum Jahreswechsel zeugen – vielleicht in diesem Jahr etwas weniger als sonst – davon. Uns beschäftigt das Auskosten, das Genießen einer eben bestimmten Zeit, die uns geschenkt ist, und gleichzeitig deren Vergänglichkeit. Wie schnell sind auch schöne Stunden in froher Runde wieder vorbei…

Wir empfinden Zeit unterschiedlich, nicht nur nach Minuten oder Stunden, sondern mehr noch nach dem, was uns bewegt. Kinder können es kaum erwarten, dass es Weihnachten wird, dass sie Geschenke auspacken dürfen… Die Älteren empfinden den Lauf der Zeit als immer schneller… Ich denke, jeder kennt das. Es gibt aber auch die Zeit, die auf uns liegt wie eine Last. Ängste oder Schmerzen, etwa wenn jemand an Leib oder Seele krank ist, sind in der Nacht schwerer auszuhalten als am Tag. Man sehnt sich geradezu nach dem ersten Morgenlicht. Dann ist es doch leichter zu tragen, manche Angst verblasst im hellen Licht des Tages.

Der Apostel Paulus schreibt den Galatern: „Als die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn“. In der Weihnachtsoktav hören wir dieses Wort, das von der Menschwerdung Gottes spricht. Wie viele Menschen haben diese Nähe Gottes ersehnt und erbetet… Vielleicht schon Jahrhunderte vor Jesus… Es ist die Sehnsucht, wenn man bedrängt wird von Ängsten, dass es Tag wird, dass da einer kommt, der mit mir den Schmerz teilt, der mit mir die Sorgen trägt. So wenig wie wir das Aufgehen der Sonne erzwingen können, so wenig können wir Gott zwingen, in unsere Welt zu kommen. Doch so sicher, die Sonne aufgeht – zu ihrer Zeit, so sicher kam der ersehnte Heiland in die Welt – „als die Zeit erfüllt war“.

Die große Zeugin dafür ist Maria, der der erste Tag des neuen Jahres geweiht ist. Ganz knapp, doch mit der wesentlichsten Aussage nennt sie Paulus: „geboren von einer Frau“. Maria ist die Zeugin dafür, dass Gott die Nacht beendet hat. Es gibt keine Menschennot ohne diese tröstliche Zusage, dass Christus, die Sonne des Heils, über uns Menschen aufgegangen ist.

Unser christliches Beten ist ein Zeugnis dafür. Freilich beten wir meist in unseren persönlichen Anliegen und Sorgen. Das darf auch sein. In der Gemeinschaft der Kirche soll unser Beten aber auch ein Zeugnis dafür sein, dass wir vertrauen: So sicher wie die Sonne aufgeht, so sicher kommt Gott in unsere Welt, in mein Leben. Diese Zuversicht, die aus der Weihnachtsbotschaft kommt, die aus der Menschwerdung Gottes kommt, halten wir lebendig, indem wir an jedem Tag des neuen Jahres unsere Hände zum Gebet falten, indem wir an jedem Sonntag die Gegenwart Christi im Sakrament feiern. Dann wird auch die kommende Zeit gesegnet sein. Amen.

01.01.2021, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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