Die Wallfahrt von Ballingshausen nach Fridritt ist relativ jungen Datums. Sie ist dem Andenken von Augustinerpater und Provinzial Pater Pius Keller gewidmet, der als Wiederbegründer des Augustinerordens gilt. Pater Ildefons Dietz hat im Jahr 1944 eine Biografie von P. Pius Keller verfasst. Mit seinen schriftlichen und mündlichen Informationen begleitete er als Vizepostulator Seligsprechung von Pater Pius Keller. Der Seligsprechungsprozess ist bis heute noch nicht abgeschlossen. Im März 1981 hielt P. Ildefons Dietz in der Ballingshäuser Schule einen Vortrag über das Leben und Wirken des gebürtigen Ballingshäusers Pius Keller. Daraufhin entstand in der Gemeinde die Idee, eine Wallfahrt nach Fridritt zu unternehmen – um für den Fortgang des Seligsprechungsprozesses zu bitten und im Andenken an den Weg, den Pius' Mutter zum Dank für die Genesung von Pius gegangen war.
1985 nahmen die Ballingshäuser das 160. Geburtsjahr von Pius Keller zum Anlass, um am 4. August über Thundorf, Weichtungen, Wermerichshausen nach Fridritt zu gehen. Dort hielt der für Ballingshausen zuständige Pfarrer Wolfram Tretter eine Andacht. Es gab Jahre, da wurde der größte Teil der Strecke auf Grund des schlechten Wetters mit dem Auto zurückgelegt. Es gab Jahre, da ruhte die Initiative. Es gab Jahre, z.B. im Jahr 1991, da wurde die Wallfahrt in Prozessionsordnung mit der Ballingshäuser Blaskapelle und vielen Teilnehmern durchgeführt. Nun, im Jahr 2019, wurde wegen der geringen Anzahl an Teilnehmern bei der Fußwallfahrt, der größte Teil der Strecke mit dem Auto zurückgelegt.
Auch wenn das Anliegen der Seligsprechung von Pater Pius Keller nur noch für wenige Gläubige erstrebenswert ist, so bleibt doch die wunderschöne Wallfahrtskirche von Fridritt mit ihrem Gnadenbild „Unserer Lieben Frau" ein lohnendes Ziel, hat doch die Muttergottes immer ein offenes Ohr für unsere Anliegen.
Ist Wallfahrt heute also noch zeitgemäß? Die Antworten fallen damals wie heute zwiespältig aus: von den einen wird sie als exotischer Brauch wahrgenommen, von anderen als magisch-abergläubisch abgetan oder als altmodisch belächelt. Sie bewegt sich zwischen Theologie und Volksglauben, zwischen kirchlicher Autorität und individuellem Glauben, zwischen Andacht und Äußerlichkeit. Wallfahrtsbefürworter sehen in den Wallfahrten eine Bestärkung im Glauben, eine intensivere Frömmigkeit, die auch auf den Alltag zurückstrahlt. Die sinnlichen Erlebnisse der Wallfahrt sprechen auch „Randchristen" an. Im Zeitalter der Hochgeschwindigkeitszüge, der Flugreisen und der ständigen Mobilität ist das Unterwegs sein bei einer Wallfahrt eine neue Entdeckung der Langsamkeit – die etwas mit Ankommen zu tun hat: am Wallfahrtsort, bei sich selbst, bei Gott.
(Textauszüge: Schriften des Henneberg Museum Münnerstadt)