Im Gottesdienst des Aschermittwochs setzt die Kirche ein starkes Zeichen an den Beginn der 40 Tage der Fastenzeit: Es ist das Aschenkreuz mit den Worten: „Bedenke Mensch, dass du Staub bist und wieder zum Staub zurückkehrst." Alles Irdische ist vergänglich. Nichts von dem, was ich besitze, was ich „geschafft", nichts von meinem Ansehen kann ich einmal mitnehmen. Größe, Reichtum und selbst mein Leib verfällt, wird zu Staub. Unser Verstand weiß um diese Wirklichkeit, und doch ist sie erschreckend, ja hart. Und diese Härte gilt es erst einmal auszuhalten.
Doch warum ein solch hartes Zeichen? Hat nicht Christus seinen Jüngern zugesagt: „Ich bin gekommen, damit ihr das Leben habt und es in Fülle habt"? Gehen wir nicht auf Ostern zu, das Fest des Lebens schlechthin? Ja, wir feiern das Leben in Fülle – doch das Leben, von dem Jesus spricht, entzieht sich der Berechnung in Tagen. Dieses Leben kann keiner schaffen, erarbeiten oder erkaufen. Das Leben in Fülle, das keine Grenzen mehr kennt, kann man nur empfangen. Man kann es sich nur von Gott schenken lassen, denn er selbst hat den Preis dafür bezahlt am Kreuz. Das Opfer Christi sprengt unsere gewohnten Berechnungen und logischen Modelle: Gib dies und erhalte das – Gleichwertiges zum gleichen Preis. Das geht hier nicht auf. Um dieses heilige Geheimnis der Barmherzigkeit Gottes zu betrachten und zu verinnerlichen, werden uns die kommenden 40 Tage der Fastenzeit geschenkt. Jetzt ist sie da die „Zeit der Gnade", wie uns der Apostel Paulus zuruft. Nutzen wir die kommende Fastenzeit!
Wenn in meinem Herzen etwas in Bewegung kommt, wenn ich meine Begrenztheiten anerkenne, wenn mein Glaube und meine Liebe zu Christus wächst, dann werde ich den Ruf des Apostels Paulus mit anderen Ohren hören: „Lasst euch mit Gott versöhnen". Auch das Sakrament der Versöhnung, die Beichte, gehört fest in diese 40 Tage – besonders in diesem Heiligen Jahr der Barmherzigkeit, das uns Papst Franziskus geschenkt hat. Denn in der Beichte wird besonders deutlich, was das Wichtigste ist: Dort, wo wir unsere Begrenztheit und Fehler anerkennen und eingestehen, dort wo wir unser Vertrauen nicht allein auf unser Können und Machen, sondern ganz auf Christus setzen, dort geschieht Wandlung: Dort wird die Sünde vergeben – von Gott geschenkt. Dort wird der Tod in ewiges Leben gewandelt – von Gott geschenkt.
Die Fastenzeit ist eine Zeit der Gnade. Die Anerkennung der eigenen Begrenztheit fällt keinem Menschen leicht, doch der geistliche Weg durch diese Tage ist ein Weg des Lebens. Wir dürfen etwas, ja alles von Gott erwarten. Nutzen wir die Chance dieser Fastenzeit, damit Ostern für uns ein Fest des Lebens in Fülle werde.
Gott segne Sie, Ihr Pfarradministrator Dr. Eugen Daigeler