Die Alltagswelt der meisten Menschen ist nicht mehr von der Landwirtschaft geprägt. Es geht nicht mehr nur um die Versorgung mit Nahrungsmitteln. In einer Zeit, in der jede Obst- und Gemüsesorte in unserem Land um den Preis langer Transportwege und stromintensiver Kühlketten jederzeit verfügbar ist, wird jedoch der Dank für die Ernte im Herbst leicht zum frommen Ritual.
Das Erntedankfest sollte für uns vielmehr ein guter Zeitpunkt werden, persönlich Bilanz zu ziehen. Wofür kann ich danken? Den Dank beziehen wir dabei nicht auf die Früchte des Feldes, sondern auf alle Facetten unseres Lebens. Beim „Ernterückblick" können wir uns viele Fragen stellen: „Was haben wir geerntet im letzten Jahr? Was haben wir in unseren Familien erreicht? Wie konnte es zu Trennungen, Enttäuschungen und Zerwürfnissen kommen? Haben wir uns für Menschen eingesetzt, die unsere Hilfe brauchen? Was hat sich positiv verändert? Wie viel Gutes durfte ich mit Menschen erleben, die an meiner Seite waren?
Als Christen nehmen wir die Dinge und Möglichkeiten nicht einfach nur wahr, sondern setzen sie in Beziehung zu Gott, der der Schöpfer allen Lebens ist: von ihm kommt alles und alles findet in ihm auch seine Vollendung. Dankbarkeit bewahrt uns davor, ge – danken – los dahinzuleben und alles als selbstverständlich anzusehen. Die menschliche Erfahrung, dass nichts selbstverständlich ist, sollte sich in der Grundhaltung aller Gläubigen widerspiegeln: Dankbarkeit für die Gaben der Schöpfung; Vertrauen, dass Gott stets für uns sorgt, uns einen Weg weist und alle Wege mit uns geht; aber auch Verantwortung für die Schöpfung und die Bereitschaft, unsere Gaben mit anderen zu teilen.