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Bitttage in der Pfarreigemeinschaft

Erfreulicherweise konnten nach der kleineren Form der Bittandachten im vergangenen Jahr heuer die Bittprozessionen nach Wettringen, um Ballingshausen und nach Thundorf wieder in der üblichen Form abgehalten werden. Mit Ministranten und Blasmusik, begleitet zum Schutz durch die Feuerwehr ging es betend und singend durch die Flur.

Pfarrer Daigeler ging in seiner Predigt auf die Bewahrung der Schöpfung ein, die auch die Bewahrung des menschlichen Lebens von Anfang an einschließt. Die Predigt im Wortlaut:

"Die Aufmerksamkeit für die Bewahrung der Schöpfung ist in den letzten Jahren gewachsen. Gewiss gibt es hier auch Einseitigkeiten und Extreme, doch etwas Richtiges wurde erkannt: Wir dürfen nicht alles tun, was wir tun können. Das heißt etwa, wir können nicht einfach alle Ressourcen verbrauchen, die die Erde birgt, ohne damit andere Menschen in Armut zu bringen – seien es Menschen in anderen Ländern, seien es Menschen, die nach uns geboren werden. Oder wir können nicht folgenlos mehr verbrauchen, als vorhanden ist…

Ganz neu ist dieses Bewusstsein nicht. Die Bittgänge, die wir in diesen Tagen halten, sind in anderer Form auch ein Bewusstmachen: Wir haben nicht alles selbst in der Hand. Wir brauchen die Gaben der Natur, um gut zu leben. Und diese Gaben gibt es nur, wenn uns gute Witterung geschenkt ist, wenn die Erde nicht vergiftet ist…

Glaubende Menschen haben einen Begriff, der dieses Wissen zusammenfasst: „Schöpfung“. Das Wort ist ein Glaubensbekenntnis. Die Erde und alles, was auf ihr wächst und lebt, ist nicht einfach nur ein Planet oder „Natur“. Das ist nicht einfach ein Rohstofflager. Es ist Schöpfung Gottes, das heißt. Die Erde ist uns gegeben und anvertraut vom Schöpfer als Zeichen seiner Güte und Menschenfreundlichkeit. Die dankbare Antwort darauf ist der Glaube an ihn, ebenso wie die Bewahrung der Schöpfung, wie es das Buch Genesis als Auftrag für den Menschen nennt. Beides gehört zusammen, Glaube und Schöpfungsverantwortung. Fehlt eines davon, wird es einseitig oder schief.

Das können wir an einem Beispiel erkennen. Wie bereits gesagt, ist das Bewusstsein für den eigenen Wert der Schöpfung, von Pflanzen und Tieren gewachsen. Was aber nicht mit gewachsen ist bei vielen, ist die „Ökologie des Menschen“, wie es Papst Benedikt XVI. in seiner eindrucksvollen Rede im Deutschen Bundestag 2011 darlegte. Wir dürfen nicht alles tun, was wir tun können. Das haben wir für die Natur erkannt. Aber haben wir das auch für die Natur des Menschen erkannt? Unser Geschöpfsein setzt auch hier Grenzen, die wir an unserer Menschennatur ablesen können, die notwendig sind für das gute, gelungene Leben nach dem Plan Gottes. Wir können den Menschen nicht einfach im Labor auslesen oder umgestalten. Wir können den Menschen nicht folgenlos „umdesignen“, umdefinieren oder umgestalten…

Die Würde des Menschen ist in unseren Tagen angefochtener, als uns vielleicht bewusst ist. Die Bundesregierung hat mit der Abschaffung des Werbeverbotes für Abtreibung einen neuen Angriff auf den Schutz des Lebens gestartet. Was harmlos klingt, dient der Verharmlosung. Die Tötung eines ungeborenen Kindes wird zu einer medizinischen Leistung neben anderen… Damit schwindet weiter das Bewusstsein, dass wir nicht alles tun dürfen, was wir tun können.

Wenn unsere Bitttage keine Folklore sein sollen, dann müssen sie ein Gebet für die Bewahrung der ganzen Schöpfung sein – für die Bewahrung der Lebensgrundlagen und für die Bewahrung des Lebens selbst von seinen natürlichen Anfängen bis zu seinem natürlichen Ende. Wo der Mensch sich zum Herrn über das Leben aufschwingt, endet es in der Katastrophe. Das lehrt uns schon der Anfang der Heiligen Schrift, die Erzählung von der Vertreibung aus dem Paradies. Wo der Mensch aber den Schöpfer achtet und ehrt, wird er nicht klein, im Gegenteil, er findet seine eigentliche Größe, er findet das gute Leben. Bleiben wir auf diesem Weg, bitten wir um Segen auf diesem Weg und bitten wir, dass alle Menschen den Schöpfer, die Schöpfung und jedes Geschöpf achten. Amen."

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